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Caritas - St. Sebastian

Familie schaffen wir nur gemeinsam

Liebe Gemeinde, ich begrüße Sie ganz herzlich.

Zu Beginn des Gottesdienstes hat mich Frau Eckinger schon vorgestellt und zum heutigen Thema Familie eingeführt. Mein Name ist Hildegard Bäumer und ich arbeite als Einsatzleiterin für die Familienpflege beim Caritasverband des Hochtaunuskreises in Kö-nigstein.

"Familie schaffen wir nur gemeinsam" lautet der Titel der Caritas-Kampagne 2013. Es geht um das, was Familien für ihre Mitglieder und die Gesellschaft leisten und um Familien, die unter Druck sind und Unterstützung von anderen brauchen.
Die Kampagne thematisiert das Solidaritätspotential, das Familien selbst haben und um die Solidarität, die Familien von der Gesellschaft – von uns - brauchen.
Die Kampagne über das ganze Jahr und möchte alle Familien stärken. Sie möchte den Zusammenhalt und die Solidarität in unserer Gemeinschaft stärken.

In diesem Kontext möchte ich einige Aspekte von Familie ansprechen.
Familie heute ist
nicht mehr nur die Familie mit Mutter, Vater, Kind, vielleicht noch Großeltern, sondern ein soziales Netzwerk besonderer Art, das sich durch das Zusammenleben von mindestens zwei Generationen auszeichnet, die Verantwortung füreinander tragen. Familie ist da, wo Kinder sind, auch die Kinder, die durch Pflege oder Adoption bei ihren Eltern sind.
Die Familie ist ein sozialer Raum für Schutz und Geborgenheit, für Entwicklung und Bildung von Kompetenzen. Sie hat erziehe-rische und wirtschaftliche, rechtliche, politische und religiöse Funktionen.

Das "Netzwerk Familie" ist komplexer geworden und reicht über die Grenzen der Kernfamilie – Eltern und deren Kinder - hinaus. Scheidungsraten haben zugenommen und Geschiedene gehen oft neue Partnerschaften oder Ehen ein. Zu den eigenen Kindern können Stiefkinder hinzukommen. Kinder haben dann häufig gleichzeitig Beziehungen zu leiblichen Eltern, zu Stiefeltern, zu "alten" und "neuen" Großeltern bzw. zu mehreren Verwandtschaftssystemen.
Alleinerziehende –leben oft am finanziellen Limit. 40% der Haushalte, die finanzielle Unterstützung (oft auch wegen Ar-beitslosigkeit) erhalten, sind alleinerziehende i.d.R. Frauen, was langfristig oft psychische Belastungen für alle Betroffenen – auch der Kinder - hat.

Die Vielfalt der Familienformen ist nebenan, in unserem Umfeld vertreten. Jede und jeder von uns ist Teil einer eigenen Familie, auch selbst gewählter und hat eine eigene Geschichte, geprägt mit grundlegenden Erfahrungen für das Leben.

Wie Familien leben sollen wir nicht bewerten, wir haben zu unterstützen und zu helfen – unsere Solidarität zu zeigen. Ganz aktuell gibt uns Papst Franziskus hier auch Gedanken und Anregungen, die sicher viele Diskussionen auslösen.

Familien brauchen Unterstützung – besonders jene, die überlastet sind oder Existenzsorgen haben.
Ein afrikanisches Sprichwort sagt: „Es braucht ein ganzes Dorf, um ein Kind zu erziehen“.
Soziale Netzwerke stehen heute nicht mehr in dem Maß zur Verfügung wie es früher anscheinend möglich war. Außerfamiliäre soziale Netzwerke haben an Bedeutung für Familien zugenommen.

Speziell im Hochtaunuskreis sind Familien vielleicht weniger von wirtschaftlichen Sorgen betroffen – vielleicht – . Aber vielleicht ist hier die subjektiv empfundene wirtschaftliche Not und der Druck größer, da sich der individuelle Maßstab ja auch im Vergleich zu anderen Familien bemisst. Der Druck, sich dem hohen finanziellen Niveau anzupassen ist hier sicher höher als in vielen anderen Regionen. Subjektive Armut wird eher erlebt und auch eher zugewiesen.
„Kann ich mir die Klassenfahrt leisten, kann ich meinem Kind das Hobby finanzieren?“ Dies macht es inzwischen auch für Familien aus der Mittelschicht nicht einfacher.

Wo hat die hier die Familienpflege ihren Platz?
Familienpflege tritt ein, wenn die Eltern bzw. die betreuende Person von Kindern bis zu 12 Jahren verhindert ist, ihre Familienaufga-ben wahrzunehmen.
Hierfür gibt es viele Ursachen:
- Mutter ist schwanger, Gefahr einer vorzeitigen Geburt heißt Ruhe und Liegen
- Eltern trennen sich, der Alltag muss neu organisiert werden.
- Der Vater ist schwer erkrankt und benötigt Pflege, die Mutter muss mehr arbeiten und die wirtschaftliche Lage sichern, der Familienalltag muss weitergehen.
Alles Situationen, in denen die Familie nicht mehr „funktioniert“ und dringend Unterstützung benötigt.

Da wo die Familienpflege nötig ist/ gebraucht wird, geht es oft nicht um materielle Not, sie paart sich allerdings manches Mal hinzu. Es geht um Krisen, um Notsituationen, in denen jemand gebraucht wird, den Familienalltag weiter aufrechtzuerhalten. Dies kann jede Familie treffen. Sind die privaten Netzwerke ausgeschöpft oder auch nicht verfügbar, können eigene Ressourcen schnell erschöpft sein. Hier kann die Familienpflege Situation die Lösung sein.

Unsere Mitarbeiterinnen sind ausgebildete Fachkräfte.
Familienpflegerinnen – Ausbildung wie in anderen Berufen auch – und erfahrene Familienfrauen, die sich auf die jeweilige Familie einstellen können.

Der Caritas im Hochtaunuskreis hat im letzten Jahr 31 Familien mit 77 Kindern betreut.

Ich beschreibe einige Beispiele aus der Praxis:
 

Familie A., 3 Kinder
Familie A.: Beide Eltern arbeiten. Der Alltag zuhause ist zeitgenau durchgetimed. Da bricht sich die Mutter ein Bein und kann ab sofort keine Hausarbeit und Fahrdienste mehr erledigen. Die Ärztin stellt eine Bescheinigung für den Kostenträger aus: Frau A. benötigt ab sofort eine Haushaltshilfe. Die Krankenkasse bewilligt.
Die KK ruft beide der Caritas an: Haushaltshilfe sofort für zunächst 4 Wochen 4 Std. täglich.
KKH: Kinder/ Kochen/ Haushalt/.




Familie B.
Frau A. hat 3 Kinder: Kindergarten/ Grundschule.
Sie lebt seit kurzem getrennt und arbeitet. Die Belastungen führen zu Erschöpfung und Burnout, auch zu körperlichen Beschwerden. Die KK bewilligt eine Mütterkur.
Auch der Vater arbeitet. Er benötigt Unterstützung. In der Dienststelle hat er schon 2 Wochen wegen Erkrankung der Kinder ausge-schöpft.
Die KK bewilligt Haushaltshilfe: tgl. 8Std.: Bring- und Holdienste der Kinder/ Betreuung der Kinder/ Hausaufgaben und Spiele – Erziehungsaufgaben/ Kochen/ Haushalt.
Der Kostenträger nennt dies übrigens i.d.R. Haushaltshilfe - nicht Familienpflege.

Familie C
Frau C: Zwillingsschwangerschaft, 1 Kleinkind
Liegen ist angesagt: drohende Frühgeburt
auch nach der Geburt: geschwächt, benötigt Hilfe und emotionale Unterstützung
Familienpflege: 4 Wochen, tgl. 6 Std.


Familie E., 3 Kinder
Die 5jährige Tochter ist behindert und benötigt durchgehende Betreuung. Bekannt ist, dass Partnerschaften hier besonders belastet sind. Der Gesetzgeber hat schon lange anerkannt, dass Eltern hier Entlastung brauchen, um Zeit für das eigene Miteinander zu haben.
Gibt es keine privaten Möglichkeiten, hat der Einsatz von Familienpflegerinnen für z.B. einen regelmäßigen freien Abend in der Woche – freie Zeit zur Verfügung für die Eltern – hier hohe Bedeutung.
Auch umgekehrt: Ein Elternteil ist körperlich oder auch geistig behindert. Die Unterstützung durch die Familienhilfe macht Familie hier möglich, Familie auf die jede/ r einen Anspruch hat.

In allen Fällen besteht ein gesetzlicher Anspruch auf Haushaltshilfe. Kostenträger sind Krankenkassen Rentenversi-cherungen, Jugendämter. Auch ist private Bezahlung möglich.



Sicher fallen auch Ihnen viele Notsituationen ein und können sie noch konkreter beschreiben. Wir sollten den Vergleich lassen, „So was haben wir auch durchgemacht! Uns hat auch keiner geholfen.“
Gefragt ist: „Solidarität und gesellschaftlicher Zusammenhalt!“

Familie schaffen wir nur gemeinsam.

Ich zähle mal auf, was Familienpflegerinnen können müssen, um sich in Familien einarbeiten zu können:

- Jede Familie tickt anders – da muss frau sich mal reinfinden – kann lange nicht jede Frau und noch weniger die Männer; d.h. hohe Sensibilität, Toleranz und Akzeptanz der jeweiligen Familienregeln, auch wenn ich es selber noch so anders machen würde. Jede Familie hat ihre eigenen Regeln – Hoheitsgebiet.

- Den Umgang mit psychisch kranken und emotional belasteten Frauen und Männern professionell gestalten.
- Der Umgang mit Kindern muss gewohnt sein und Freude bereiten, auch die Kinder befinden sich in Krisensituationen.

- Jede Art von Hausarbeit muss gekonnt sein – nicht umsonst gibt es hier verschiedene Ausbildungsberufe.

- Umgang mit Konkurrenz –Einzelkämpferjob –

- Tief in die private Atmosphäre der Familie eintauchen und professionelle Distanz halten – kein leichter Balanceakt.

- Oft mehrmaliger Familienwechsel am Tag.

Vielleicht macht dies deutlich, was die Mitarbeiterinnen leisten – und welchem Wert dies entspricht. In Deutschland bemisst sich der Wert eines Berufes immer noch vor allem nach der Höhe der Entlohnung. Facharbeiterstunden werden anders bezahlt.

Mich ärgert es immer, wenn von Hilfe – Haushaltshilfe gesprochen wird und Kostenträger nur geringes Entgelt zahlen. Vielleicht bedenken wir auch, wie Familienarbeit bei uns bewertet wird, wie sie angesehen wird oder auch nicht – wie dann auch professionelle Arbeit in den Familien gesehen wird.

Feuerwehr in familiären Krisensituationen – vielleicht brauchen auch Sie diese schnelle Hilfe und dann so, wie Sie sie möchten. Unsere Mitarbeiterinnen kennen das, sie stellen sich auf Sie ein.

Ich möchte hier auch die vielen ehrenamtlichen Frauen und Männer ansprechen, die sich aktiv für die Förderung von Familien einsetzen und konkrete Unterstützung leisten.

Auch zwei aktuelle Projekte der Caritas: das Opa-Oma-Projekt, in dem ältere Menschen und Kinder zusammengebracht werden und das Projekt der Familienpaten.

Wir suchen immer wieder erfahrene Frauen und Mütter, die diesen Dienst in Familien sowohl beruflich wie ehrenamtlich gerne leisten.

Familie ist unsere Verantwortung – ist gesellschaftliche Verantwortung.

Familienhilfe als Beruf ist im Alltag nur selten im Gespräch. Ich danke Ihnen, dass ich Ihnen unsere Arbeit darstellen konnte.

Hildegard Bäumer, 22.09.2013 Stierstadt, St. Sebastian

Kontakt

Anita Obst

Caritas St. Sebastian, Öffentlichkeitsarbeit, Krankenkommunion

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