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Kurzsichtig und schädlich

Stellungnahme des AK Flüchtlinge im Hochtaunus zur Forderung nach schneller Rückkehr syrischer Geflüchteter

Kaum war Assad aus Syrien geflohen, kam es in Deutschland zu Wortmeldungen, die die schnelle Rückkehr der Geflüchteten aus Syrien fordern. Man könnte diese Forderung als bloßes Wahlmanöver abtun. Dennoch sollte sie nicht unwidersprochen bleiben. Denn sie ist geeignet, das ohnehin vergiftete gesellschaftliche Klima noch weiter zu schädigen. 

Die Forderung nach einer schnellen Rückkehr der syrischen Schutzsuchenden ist zum einen menschenrechtlich gesehen zum jetzigen Zeitpunkt abwegig. Wie sich Syrien nach der Flucht Assads weiterentwickeln wird, ist nicht absehbar. Unbestritten ist der Anführer der Rebellen, die Assad vertrieben haben, ein Islamist. Al-Dscholani mag sich zwar von Al-Kaida losgesagt haben, aber die von ihm geführte Gruppierung wird auch in Deutschland als Terrororganisation betrachtet. Ob zu Unrecht, wird sich noch weisen müssen. Momentan entbehrt es jedoch jeglicher Logik, Menschen in ein Land abschieben zu wollen, dessen voraussichtliche Führung hier als terroristisch eingestuft wird. Insbesondere mit Blick auf die Position von Frauen und anderen vulnerablen Gruppen wäre zum jetzigen Zeitpunkt höchste Vorsicht geboten.

Als befriedet kann Syrien momentan ohnehin nicht gelten. Allein die israelischen Militärmaßnahmen im Süden und die von der Türkei ausgehenden im Norden sprechen dagegen. Wie lange diese andauern werden und ob sie sich unter Umständen ausweiten werden, ist unklar. Doch ein vollständiger Frieden scheint in Syrien nach wie vor nicht eingekehrt zu sein.

Aber nicht nur in menschenrechtlicher Hinsicht, auch in volkswirtschaftlicher ist die Forderung nach einer schnellen Rückkehr syrischer Schutzsuchender mehr als fragwürdig. Sie ist schlichtweg kurzsichtig und erweckt den Eindruck, in all ihren Konsequenzen nicht zu Ende gedacht zu sein. Die Mehrheit der aus Syrien nach Deutschland Geflüchteten hat sich in den letzten Jahren sehr gut integriert. Sie arbeiten, zahlen Steuern und Beiträge zur Sozialversicherung. Sie federn damit auch die negativen Konsequenzen des demografischen Wandels, insbesondere den daraus resultierenden Fachkräftemangel, ab. Die deutsche Wirtschaft und damit das gesamte deutsche Gemeinwesen würden erheblichen Schaden nehmen, wenn diese Menschen nun schnell das Land verlassen sollten.

Sicherlich wird es Geflüchtete aus Syrien geben, die schon jetzt gern in ihr Heimatland zurückkehren möchten, um es wieder aufzubauen nach so vielen Jahren des Bürgerkrieges – vorausgesetzt, ein Wiederaufbau ist möglich und der Bürgerkrieg geht nicht weiter. Und diesen könnte durchaus, insoweit es möglich und von ihnen gewünscht ist, Unterstützung bei der Rückkehr angeboten werden. Aber es kann ganz sicher nicht vernünftigerweise gewünscht werden, dass die, die sich hier integriert haben und zum Gedeihen unseres Gemeinwesens beitragen, alle möglichst schnell ausreisen.

Bei etlichen Menschen, die aus Syrien nach Deutschland geflüchtet sind, käme der Versuch, sie zur Ausreise zu bewegen, ohnehin nicht in Betracht. Viele verfügen nämlich mittlerweile nicht nur über eine Niederlassungserlaubnis, also über ein unbefristetes Aufenthaltsrecht. Es haben auch sehr viele bereits die deutsche Staatsbürgerschaft. Wer undifferenziert die baldige Rückkehr aller aus Syrien Geflüchteter fordert, muss sich daher die Frage gefallen lassen, ob es hier auch um die deutschen Staatsbürger*innen syrischer Herkunft gehen soll. Die Forderung ist in jedem Fall geeignet, als Ausdruck einer nicht nur populistischen, sondern auch extremistischen Position verstanden zu werden.

Resümierend lässt sich sagen, dass eine Forderung dieser Art nicht nur das gesellschaftliche Klima vergiftet. Sie verfolgt offensichtlich auch nicht das Interesse des Gemeinwohls, sondern lediglich die Absicht, schnell und einfach Stimmen einzufangen. Daher verurteilt der AK Flüchtlinge im Hochtaunus diese Forderung, egal von wem auch immer sie erhoben wird, und ruft alle demokratischen Parteien dazu auf, sich entschieden von ihr zu distanzieren. Wir sind zuversichtlich, dass solch ein durchschaubares Wahlmanöver von den Wahlberechtigten im Hochtaunus nicht goutie