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Forum St. Ursula

Kirchen werden dicht gemacht. Menschen treten aus der Kirche aus. Das kennen wir. Dass Kirchen neu gegründet werden. Dass es gelingt, Menschen für neue Formen von Kirche zu interessieren - zu Zehntausenden. Das kennen wir weniger. Ein Blick über den Kanal ist absolut lohnenswert und inspirierend. Es macht neugierig, wenn man hört, dass allein im Zeitraum von 2004 bis 2012 über 3.000 fresh expressions of church (neue Ausdrucksformen von Kirche) entstanden sind. Pfr. Andreas Unfried und Susanne Degen hatten durch eine Studienreise Gelegenheit, einen Eindruck davon zu gewinnen. Sie werden u.a. berichten, wie ungeheuer vielfältig diese neuen Ausdrucksformen und wie unterschiedlich die dort engagierten Menschen sind; was es bedeutet, wenn eine Kirche klar hat, dass sie Pioniere und Pionierinnen braucht.

Beginn ist um 19.45 Uhr in der Kirche, um 20 Uhr geht es dann im Pfarrheim weiter.

Impulse und Erfahrungsberichte in der Diskussion

Die katholische Kirche in Deutschland befindet sich aktuell in einem umfassenden Wandlungsprozess. Unter dem Stichwort der "lokalen Kirchenentwicklung" kommt es zu vielfältigen Entwicklungen, die eine stärkere Beteiligung aller Gläubigen zum Ziel hat. Es ist eine Zeit des Aufbruchs und der Gestaltung, die das Erscheinungsbild von Pfarreien und Gemeinden für die nächste Zukunft prägen wird. So werden zur Zeit auch in einer wachsenden Zahl von Gemeinden in Deutschland, Österreich und der Schweiz Leitungsteams eingesetzt, um Ortsgemeinden zu leiten. Getaufte und gefirmte Gemeindemitglieder übernehmen aufgrund ihrer Taufwürde und ihren gottgeschenkten Begabungen so einen wichtigen Dienst für die Gemeinde. Diese Praxis hat sich in einigen Diözesen Frankreichs (etwa in Poitiers) bereits seit einigen Jahrzehnten bewährt und wird nun auch zu einer wichtigen Option im Spektrum der lokalen Kirchenentwicklung im deutschen Sprachgebiet.

In unserer Pfarrei wurde in der Gemeinde St. Petrus Canisius im Januar ein ehrenamtliches Leitungsteam beauftragt. Dieses dreiköpfige Leitungsteam übernimmt in den nächsten drei Jahren die Aufgabe die Gemeinde St. Petrus Canisius in Oberstedten zu leiten. Das Team übernimmt dabei auch einige Aufgaben, die vorher eine hauptamtliche Bezugsperson wahrgenommen hat.

Auch in anderen Bistümern leiten bereits solche Teams Gemeinden. Wir waren mit einer kleinen Gruppe aus unserer Pfarrei bei einem Treffen solcher Teams im Bistum Hildesheim.

Bei diesem Forum werden Erfahrungen aus der Praxis in St. Petrus Canisius und aus dem Bistum Hildesheim konkrete Anregungen für die Diskussion bieten, wie Gemeindeleitung im Team konkret aussehen kann.
 

Forum St. Ursula am 13. September: Bericht des Abends


„Wenn mir der neue Bischof von Limburg fünf Kapläne schicken würde, ich würde keinen davon zur Bezugsperson machen.“ – Dieser Satz des Pfarrers war vielleicht der steilste Satz an diesem Abend, mit dem er deutlich machen wollte, dass er die Entwicklung hin zu Gemeindeleitungen im Team für grundrichtig hält. „Ja, und wir können uns vorstellen, dass dann einer dieser Kapläne Teil unseres Gemeindeleitungsteams ist.“ – So konterte jemand aus dem Pfarrgemeinderat diesen Satz und brachte damit zum Ausdruck, dass wir als Pfarrei mitten in einer spannenden Diskussion, mitten in einer spannenden Entwicklung sind.

Ausdrücklich hatte Mathias Wolf – als Sprecher der Vorbereitungsgruppe – dazu eingeladen, an diesem Abend alles zu sagen, was einem zu diesem Thema auf der Seele brennt und keine Frage, keine Meinung zurückzuhalten. Und so wurden es durch die vielen Fragen der ca. 45 Teilnehmerinnen und Teilnehmer und durch die sehr gute Moderation von Dr. Barbara Tambour zu einem angeregten und lebendigen Forum, das viele wichtige Punkte zu Tage förderte.

In seiner Einführung räumte Pfr. Unfried eine argumentative Schwäche ein. Der Anlass dafür, dass wir uns in der Pfarrei mit Gemeindeleitung im Team beschäftigen, ist die Not, nicht mehr für jede Gemeinde eine Bezugsperson zur Verfügung stellen zu können. Die Situation heute ist nicht mehr die, die wir zur Zeit der Pfarreiwerdung hatten. Diakon Jan Klementowski ist weggegangen. Diakon Clemens Olbrich ist verstorben. Die Not war der Anlass, nach anderen Wegen zu suchen, wie Gemeinden weiterhin eine gute Zukunft haben, auch wenn es weniger hauptamtliches Personal gibt. Und dieses Nachdenken hat Gründe für diesen Weg zu Tage gefördert, die in sich Bestand haben und ein tragfähiges Fundament für die Zukunft sind: Als Getaufte haben wir eine Würde von Christus her, sind von ihm beauftragt. Erfahrungen aus der Weltkirche zeigen uns, welches Potenzial es hat, wenn sich das Volk Gottes dahin entwickelt, dass Menschen Gemeinden bilden und leiten. Und auch unsere eigenen Erfahrungen weisen in diese Richtung: Dort, wo Ehrenamt und Hauptamt auf Augenhöhe zusammenarbeiten und Verantwortung auf vielen Schultern verteilt ist, läuft es gut.

Ein Teil der Fragen bzw. Rückmeldungen ging in Richtung Überforderung. Wie sollen wir zu alle dem, was wir schon tun, nun auch noch Leitung wahrnehmen? Jemand berichtete von den Schwierigkeiten, Menschen dafür zu gewinnen, für etwas Verantwortung zu übernehmen. Ein Teilnehmer fragte, wie das Charisma der Leitung aussehen würde und kommentierte trocken: Bei Leitung geht es um Steuerung, um den Gesamtüberblick – das ist kein Charisma, das ist vor allem viel Arbeit. Andere Fragen ließen auch den finanziellen Aspekt nicht außer Acht. Können sich nur die Menschen, die gut abgesichert sind, es leisten, sich in der Gemeindeleitung zu engagieren, weil die anderen die Zeit zum Geldverdienen brauchen. Wie ist das mit der Gerechtigkeit, wenn die einen für die Arbeit Geld bekommen, die anderen nicht. Wiederum andere fragten, ob von Seiten der Kirche genug getan würde, junge Menschen für Berufe in der Kirche zu begeistern.

Im zweiten Teil des Abends wurden Erfahrungen aus dem Bistum Hildesheim geschildert. Einige Personen aus unserer Pfarrei waren dorthin gefahren, um von den Erfahrungen der lokalen Kirchenentwicklung in Hildesheim zu lernen. Seit 2006 ist das Bistum Hildesheim in einem solchen Prozess. Ein Baustein in dieser Entwicklung ist der Aufbau von lokalen Gemeindeleitungen. Und für den dortigen Bischof ist ganz klar: Lokale Leitungsteams sind keine Ersatzlösung. Lokale Leitungsteam – das sind mündige Christen, die für ihren Bereich Leitung wahrnehmen. Es geht um das Bewusstsein: Wir können Verantwortung übernehmen und tun es schon.

Konkret funktioniert es in Hildesheim so, dass ein Team von zwei geschulten Moderatoren in eine Gemeinde kommt, um mit den Menschen dort zu überlegen, wie ihr Kirchort aussieht und wie bei ihnen Leitung aussehen könnte. Es geht darum, einen pastoralen und geistlichen Prozess in Gang zu setzen, der die Gemeinde zu einer Entscheidung befähigt. Bewusstseinsbildung, Auseinandersetzung mit den eigenen Kirchenbildern, Schulungen, Kompetenzerwerb sind wichtige Stichworte für den Entwicklungsweg.

Die Gruppe, die in Hildesheim war, war von den Gesprächen angeregt und motiviert. Die Gruppe betonte, dass es gut getan hat zu hören, dass sie in Hildesheim auch einiges an Fehlern gemacht haben, aus denen sie dann wieder gelernt haben.

Im dritten Teil des Abends wurde es sehr konkret: Gemeindeleitung im Team – Geht das? - Ja, es geht. Es geht gut, wir tun es aus unserem Glauben heraus und es macht uns unglaublich viel Freude. So kann man in aller Kürze zusammenfassen, was das Leitungsteam von Petrus Canisius auf diese Frage geantwortet hat. Seit 1.1.2016 haben Renate Kexel, Marcelline Schmidt vom Hofe und Edith Schröder die Leitung der Gemeinde Petrus Canisius übernommen. Es ist ein Pilotprojekt und auf drei Jahre angelegt. Die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass Gemeindeleitung im Team sehr gut möglich ist.

Im Erzählen der drei wurden viele Fragen beantwortet. Alle haben noch ein vielfältiges Leben neben ihrem pastoralen Engagement. Eine Person ist voll berufstätig und sagt von sich, dass sie pro Woche ½ Stunde bis 1 Stunde einbringt, einbringen kann. Das war vorher klar und dank der klaren Absprachen und der guten Zusammenarbeit funktioniert es. Die anderen können mehr Zeit einbringen, von vier Stunden die Woche war die Rede. – Alle betonten, dass sie gar nicht für alles zuständig seien. Gemeinsam mit dem Ortsausschuss kümmern sie sich um die Belange der Gemeinde. Und das funktioniert gut, weil es dort ganz klare Zuständigkeiten gibt und die einzelnen Personen Verantwortung übernehmen. Dass es so geregelt ist, war Teil des Entwicklungsweges in Petrus Canisius und eine der Voraussetzungen, warum die drei Frauen das Vertrauen hatten, diesen Schritt zu tun. Als weitere wichtige Voraussetzung benannten sie die gute Zusammenarbeit mit dem Pastoralteam: Kommunikation auf Augenhöhe, Einbezogensein in den Kommunikationsfluss. Und die Gewissheit zu haben, dass man nicht alles selbst wissen muss, tun muss, sondern weiter verweisen kann und sich Rat holen kann. Die Hauptamtlichen seien ja nicht weg. – Und von der Gemeinde berichteten sie, dass sie sich angenommen fühlen, dass sie Akzeptanz und Unterstützung erfahren.

Mehrmals wurde die Frage gestellt, was es denn nun sei, was Gemeindeleitung ausmache. Ob es denn mehr sei als die Weiterentwicklung eines gut funktionierenden Ortsausschusses. Ja, war die Antwort. Es braucht Zusammenführung und Koordination. Es braucht eine Leitungsstruktur, die es ermöglicht, Entscheidungen zu treffen. Es braucht Menschen, die es sich zur Aufgabe machen, nach Talenten Ausschau zu halten und andere zu motivieren, mitzuarbeiten. Es braucht Menschen, die fragen: Was führt Menschen zusammen? Was dient dem Evangelium? Passt es unter unser weites katholisches Dach? Passt es zusammen mit unserer Vision?

Ein Fazit kann es an einem solchen Abend nicht geben. Karl Valentin hat einmal gesagt: Wo alle dasselbe denken, wird nicht viel gedacht. – Dieses Problem haben wir nicht in St. Ursula. Viele Menschen denken laut über die Zukunft der Kirche nach und nicht alle denken dasselbe. Es wäre schön gewesen, so haben es manche empfunden, wenn die Menschen mit großen Vorbehalten zu diesem Abend gekommen wären, um ihre Meinung einzubringen. Klar war allen, dass es ein Prozess ist, der Zeit braucht und sich entwickeln muss. Klar war auch, dass es ein Prozess ist, der Unterstützung von außen braucht. (Was Martin Klaedtke, der im Bistum Limburg für lokale Kirchenentwicklung zuständig ist, aufmerksam gehört hat.) Klar war die Zusage von Pfarrgemeinderatsvorsitzender und Pfarrer, dass sich der Pfarrgemeinderat intensiv diesen Fragen widmen wird.
Susanne Degen

Woher kommt die Idee?
• Im Kontext der Pfarreiwerdung entstand die Idee einer Denk-/Diskussionsrunde. Es braucht eine Möglichkeit, einen Ort, die weiterführenden Fragen in die öffentliche Auseinandersetzung der Pfarrei St. Ursula in Oberursel und Steinbach zu bringen.
• Nach dem Erscheinen (und Lesen) des Buches über die Pfarreiwerdung „Pfarrei XXL – Monster oder Werk des Heiligen Geistes“, das im Frühjahr 2012 im Echter Verlag“ erschienen ist, wurde von einigen Ehrenamtlichen der Pfarrei ein Interesse angemeldet, Inhalte desselben auch mit den Autoren diskutieren zu können. Damit war der Inhalt für die Startveranstaltung gefunden.

 

Das Ziel!
Ehrenamtliche und Hauptamtliche diskutieren und gestalten gemeinsam

Eine der Querschnittsfragen der Zukunft bzw. eine Herausforderung in der Entwicklung zu einer zeitgemäßen Kirche ist das Zueinander von Haupt- und Ehrenamt. Daher das Plädoyer für ein Dialogforum, in dem Ehren- und Hauptamtliche miteinander diskutieren und nicht das Nach- und Weiterdenken (allein) in getrennten Zirkeln zu betreiben. Beim Reden soll es aber nicht bleiben: Gute Gedanken sollen zu gutem Handeln werden.


Die Form!
Offen und Kontinuierlich

Das Forum St. Ursula soll kein geschlossener Zirkel sein. Jede Veranstaltung ist öffentlich. Es wird jeweils neu und allgemein dazu eingeladen. Wer möchte, kann kommen und darf mitreden. Darüber hinaus können Personen gezielt angesprochen und eingeladen werden, die zu besonderen Gesprächspunkten wertvolle Impulse aus ihrer beruflichen Praxis oder ihrer allgemeinen Erfahrung beisteuern können.
Gleichzeitig wird eine Kontinuität angestrebt. Durch eine Gruppe von Verantwortlichen (ehrenamtlich wie hauptamtlich) sollen die Zusammenhänge zu vorhergehenden Diskussionsrunden/Fragestellungen hergestellt werden. Diese Gruppe ist offen. Wer Interesse hat, das Forum mit zu gestalten, ggf. auch nur ein Forum zu einem bestimmten Thema zu organisieren, ist sehr dazu eingeladen.
Idealerweise finden sich Menschen, die an der Weiterentwicklung der Fragestellungen interessiert sind und öfter kommen.
Das Forum soll durch eine profilierte Moderatorin / einen profilierten Moderator, der nicht Teil des Prozesses ist, begleitet werden. Die bisherigen Foren wurden von Dr. Barbara Tambour, Redakteurin der unabhängig-christlichen Zeitschrift „Publik-Forum“ moderiert.


Die Details!
Hören und Reden: Raum, Zeit, Methode

Geeignete Orte für die Foren sind diejenigen, an denen Kirche und Tagungsraum eng beieinander liegen.

19.45 Uhr Offener Beginn in der Kirche. Stille, meditative Musik, ein passender Text. Es geht darum, anzukommen, innerlich still zu werden, um sich für das Hören zu disponieren.

20.00 Uhr Diskussionsbeginn

Mit Varianten sind die Diskussionsrunden bislang von der Fishbowl-Methode geprägt. Hierbei gibt es einen Innenkreis, in dem diskutiert wird. Der Außenkreis hört zu. Im Innenkreis sitzen die Vorbereiteten / Eingeladenen / ModeratorIn. Freie Plätze laden dazu ein, dass Menschen aus dem Außenkreis in den Innenkreis wechseln und sich in die Diskussion einschalten.


Variante!
Forum on tour

Perspektivisch sollen - je nach Thema - auch andere Orte in Oberursel und Steinbach angefragt werden, um dort zu Gast zu sein.
Warum nicht auch mal ein Diskussionforum in der Seniorenresidenz veranstalten? Oder vielleicht wäre auch ein Diskussionsforum im Rathaus denkbar?


Erwartungen!
• Kreativität: mehrere Köpfe denken besser!
• Partizipation: Das Format will damit ernst machen, dass es ein gemeinsames Nachdenken und Entwickeln der Pfarrei St. Ursula gibt. Nicht nur Experten machen sich Gedanken und legen dann zur Abstimmung vor, sondern es entsteht ein Prozess aktiver und transparenter Partizipation.
• Aneignung: Was man sich selbst denkend zu Eigen gemacht hat, hat einen höheren Stellenwert und ist für das eigene Tun auch nachhaltiger.
• Öffentlichkeit: Das Format hat Chancen, auch in der nichtkirchlichen Öffentlichkeit wahrgenommen und bedacht zu werden.

Um diese Fragen ging es beim Forum St. Ursula am 24.06.2015, im Foyer des neuen Gemeindezentrums St. Bonifatius in Steinbach.

Pastoralreferentin Susanne Degen führte die mehr als 50 Besucher durch die zwei Stunden, in gewohnter Weise mit Einstimmung in der Kirche, Anfangsrunde und dann Diskussion nach der Fishbowl-Methode: im Innenkreis wird diskutiert, im Aussenkreis wird zugehört. Und jeder wechselt von innen nach außen und hört und spricht.

Die große Pfarrei, die als Zusammenschluss von acht Gemeinden vor 3.5 Jahren unter Leitung von Pfarrer Unfried mit seinem Pastoralteam sich zusammen gefunden hat, sie ist was Besonderes. Vorreiter im Bistum, im Buch Pfarrei XXL festgehalten. Da hätte vieles schief gehen können, hätten Gräben entstehen können.

Die Diskussion im Forum zeigte, dass das von den vielen Anwesenden nicht so gesehen wird. Ganz im Gegenteil wurde bestätigt, dass das Zusammenwachsen harmonisch verlaufen ist, dass die Gemeinden sich solidarisch für die Belange der anderen Gemeinden einsetzen. „Viele neue Leute aus den anderen Gemeinden habe ich kennen gelernt,“ sagte eine Teilnehmerin. Und die Vielfalt der Möglichkeiten, über die nun in mittendrin, im Pfarrblatt, mit Postern und in den Abkündigungen über alle acht Gemeinden hinaus geworben wird, diese Vielfalt wird von vielen als bereichernd empfunden.

Von neuen Ansätzen im Familienpastoral, von der Etablierung kleiner christlicher Gemeinden, von Glaubenskursen wurde berichtet. Von neuer Durchschlagkraft der Caritas und Sozialarbeit. Und die Pfarrei ist auf dem Weg, eine gemeinsame, geteilte Vision für die Pfarrei Oberursel/Steinbach zu entwickeln. Initiativen, die nicht in den einzelnen Gemeinden stattfinden könnten. Also viel Aufbruch, viel Neues, ohne dass die Gemeindeidentität, die Kirche vor Ort aufgehoben wurde. Dass bei all dem Positiven natürlich immer wieder geschaut werden muss, wie man zwischen Kirche vor Ort und Kirche in der Stadt, also zwischen den acht Gemeinden und ihren berechtigten Aktivitäten und dem Möglichkeiten eröffnenden Zusammenschluss in der Pfarrei austarieren muss, wurde auch klar benannt. Dies mag insbesondere für die Ökumene gelten, die in den Gemeinden hervorragend läuft, aber noch wenig Perspektive in der Pfarrei besitzt.

Aber im Verlauf der Diskussion wurde überdeutlich, dass die Hauptamtlichen, die Pastoralreferentinnen und –referenten, die Diakone und Pfarrer Unfried und Kalteier auf der einen Seite, der Pfarrgemeinderat und die Ortsausschüsse auf der anderen Seite die Pfarreiwerdung hervorragend hingekriegt haben! Alle Achtung!

Deshalb: weil es Spaß macht, weil es eine persönliche gute Perspektive eröffnet, weil viele mitmachen, um in kleinen Schritten hier in Oberursel und Steinbach aus unserem Glauben heraus zu leben, deshalb wurde am Ende geworben, im neuen Pfarrgemeinderat, dessen Wahl im Herbst ansteht, mitzumachen. Eindringlich bat Pfarrer Unfried darum, dass alle mittun können, ohne sich aber zu überlasten. Wir sind in unserer Pfarrei sehr weit, wir gehen einen guten Weg, einen Weg, der Freude bereitet. Und die Pfarrei bietet über die Gemeindegrenzen hinaus Perspektiven fürs Mitarbeiten. Macht mit, es macht Spaß und Freude! – so ein Fazit des Abends.

Harald Schwalbe

Was wünscht Ihr voneinander?
Das Alfred-Delp-Haus liegt in einem ruhigen Mischgebiet der Stadt Oberursel mit Wohnhäusern und Gewerbeansiedlung. In dorfähnlicher Anordnung befinden sich auf einem rund 10.000 qm großen Grundstück fünf Wohnhäuser für erwachsene Menschen mit Beeinträchtigungen. In der Veranstaltungsserie „Forum St. Ursula“ geht es in der Pfarrei St. Ursula Oberursel um die Entwicklung der katholischen Kirche vor Ort, um Beteiligung für alle Interessierten an diesem Prozess.

...

In der Vorbereitung kam die Idee auf, dass wir eine Forumsdiskussion im Delp-Haus mit den Bewohnern durchführen wollen. Es ging darum, z.B. die vielen guten Initiativen von Ehrenamtlichen zu diskutieren. Aber würde so etwas funktionieren? Können wir miteinander ins Gespräch kommen, noch dazu in der Fishbowl-Methode, die wir für die Diskussionen im Forum als Format gefunden haben: Auf Stühlen im Innenkreis wird diskutiert, auf den Stühlen im Aussenkreis wird zugehört. Und unter welches Motto wollen wir unser Treffen stellen.

Jetzt, nach dem Treffen, ist allen Beteiligten klar, dass das Forum St. Ursula im Alfred-Delp-Haus ein ganz spezieller Rahmen und Abend war. Unter dem Motto: Was wünschen wir uns voneinander? wurde diskutiert und aufeinander gehört. Die Bewohner des Delp-Hauses hatten sich auf die Diskussion vorbereitet und lasen ihre Wünsche vor: „Wir wünschen uns, ganz normal behandelt zu werden. Wir wünschen uns, dass uns die Gemeindemitglieder direkt ansprechen. Wir wünschen uns, dass wir genug Zeit haben, um miteinander zu reden, weil wir manchmal Zeit brauchen“; das waren einige der Wünsche der Bewohner des Alfred-Delp-Hauses. Die Mitglieder der Pfarrei St. Ursula wünschen sich Hilfe, um ihre Hemmungen zu überwinden. Wie können wir es schaffen, dass wir die Kontaktfläche breiter machen, wenn wir uns treffen. Sollen wir das Alfred-Delp-Haus besuchen oder sollen die Bewohner des Delp-Hauses in unsere Gottesdienste kommen. Und wenn, wir schaffen wir es, dass unsere Treffen intensiver werden, dass wir wirklich miteinander reden. Wir schaffen wir es, langsam Brücken aufzubauen, die halten.

Neben diesen grundsätzlichen Fragen gab es noch sehr viele ganz konkrete Anliegen: Bitte macht deutlich, ob Veranstaltungen in der Pfarrei in behindertengerechten Eindrücken stattfinden. Wer nimmt einen der Delp-Bewohner mal mit zu Veranstaltungen. Wir haben auch ganz viel zu bieten und wollen unsere Fähigkeiten in die Pfarrei einbringen.

Im Fazit: diese Veranstaltung hat wirklich Spaß gemacht, und wir sollten häufiger auf Tour gehen und wir sollten gemeinsam mit den Bewohnern des Delp-Haus unsere Kirche entwickeln.

Als einen Teil des Abends haben wir das Vater unser gebetet, das die Delp-Bewohner für sich „neu übersetzt“ haben:

Lieber Gott,

du bist von den Menschen auferwählt.

Du willst, dass wir glücklich sind,

Du willst das Beste für uns im Himmel und auf der Erde.

Du gibst uns Brot für die Seele

Und alles, was wir brauchen: Liebe, Verständnis und Geborgenheit,

Und verzeih uns, wenn wir etwas falsch getan haben, denn keiner ist perfekt.

Wir wollen auch den Menschen, die uns Unrecht getan haben, verzeihen.

Lass das Gute in uns stärker sein als das Böse.

Lass es allen Menschen so gut gehen, dass sie nicht hassen müssen, nicht stehlen müssen und nicht habgierig sein müssen.

Du bist ein großer heller Schein und deine Liebe umstrahlt uns immer.

Amen.

Harald Schwalbe

Erfahrungen aus den Kirchen Indiens und der Philippinen
Kundschafter schwärmen aus und kommen begeistert zurück: Was lernen wir für unsere Pfarrei St. Ursula von Reisen nach Indien und auf die Philippinen?

Kleine christliche Gemeinschaften und eine Kirche der Beteiligung, das sind einige der Stichworte, die uns in St. Ursula unter dem Stichwort „Kirche in Entwicklung“ schon seit einiger Zeit beschäftigen. Wie soll das in Oberursel/Steinbach Wirklichkeit werden? Das war das Thema des Forums St. Ursula am 7.05.2014 in St. Aureus und Justina.

...

Um die Frage zu beantworten, ist es gut zu wissen, dass die katholische Kirche nicht nur bei uns, sondern weltweit in Bewegung geraten ist. Wir erleben im Moment vielleicht eine ähnlich positive Bewegung, ein aggiornamento, wie es das 2. Vatikanische Konzil ausgelöst hat. Da macht es Sinn, Kundschafter unserer Pfarrei auszuschicken, um die Entwicklungen in anderen Ländern kennenzulernen.

Als Teil einer Reisegruppe aus dem Bistum waren Sandra Anker und ihr Ehemann Manfred Hahn in Indien und berichteten von diesem so farbenfrohen und vielfältigen Land. Vielfältig waren die Eindrücke, deren erschöpfendes Erzählen den Rahmen des Abends gesprengt hätte. Um uns ihre Erlebnisse an einem Beispiel nahe zu bringen, schlüpfte Sandra Anker deshalb in die Rolle ihrer indischen Gastgeberin Rosaline und erzählte, wie sehr sich Rosaline auf den Besuch der Gruppe gefreut hat: „Wie schön ist es, dass wir Besuch aus Deutschland bekommen. Alles haben wir vorbereitet, wir haben um Gottes Segen gebeten, unsere Jugendlichen werden kurz vorbeikommen, auch wenn sie sich auf eine Prüfung vorbereiten. Die Kindergruppe hat sich getroffen und einen Tanz vorbereitet. Und hoffentlich haben wir auch genug zu essen.“ Rosaline, wie alle katholischen Christen in Mumbai, ist Mitglied einer kleinen christlichen Gemeinschaft (KCG). Die Entwicklung von KCGs in Mumbai geht auf Bischof Bosco zurück, der die Entwicklung von KCGs in jedem Wohnviertel für ein Leben wahrhaft aus dem christlichen Glauben heraus für wesentlich hielt und mit viel Energie vorantrieb. Rosalines KCG ist eingebunden in der Pfarrei „Sacred Heart“ in Mumbai. Die ungefähr 90 Familien in dieser KCG treffen sich einmal im Monat im Wohnzimmer jeweils einer anderen Familie.

Die Idee der KCGs hat Manfred Hahn sehr begeistert. Insbesondere fand er es interessant, dass KCGs in räumlicher Nachbarschaft entstehen, und nicht aus einem Freundschaftsnetzwerk. Sie laufen deshalb weniger Gefahr, zu Monokulturen innerhalb eines spezifischen Milieus zu werden. KCGs sind von Jesus Christus gerufen, wie durch Bibelteilen und Gebet klar wird. Würden wir unsere Nachbarn in unser Wohnzimmer einladen und vorschlagen, dass wir uns gegenseitig aus der Bibel vorlesen und sie miteinander teilen? Diese Treffen in den KCGs bewirken eine Sammlung, die den anderen in seinen Wünschen und Bedürfnisse in den Blick nimmt und bestärkt. Aus dieser gemeinsamen Sammlung kann Sendung gelingen und dadurch Kirche lebendig werden. Und Jacqueline Schlesinger, die von Bistumsseite die Entwicklung von KCGs unterstützt, erzählte uns von Beispielen, dass solche Netzwerke nicht nur in Ländern mit großen sozialen Problemen wie Indien funktionieren können, sondern ganz konkret auch hier bei uns, zum Beispiel in Fischbach.

Susanne Degen und Pfarrer Unfried berichteten von der Reise einer größeren Gruppe auf die Philippinen. Auch die beiden waren voller positiver Erfahrungen und erzählten, was sie auf den Philippinen für „Kirche in Entwicklung“ und „Vision von Kirche“ in Oberursel/Steinbach gelernt haben. Einige Definitionen, die uns Susanne Degen vorgetragen hat, sollen hier festgehalten werden: „Eine Vision ist ein waches Träumen von Handlungen, die das Leben lebenswerter machen.“ Eine wichtige Person auf ihrer Reise war Pfarrer Marc, der, vom 2. Vatikanum inspiriert, diesen Weg des wachen Träumens schon lange beschreitet; für Pfarrer Marc ist eine Vision „ein Traum verwurzelt in der Realität des Lebens.“ „Ohne prophetische Offenbarung verwildert das Volk (Spr. 29, 18)“, davon ist er überzeugt. Aber, so eine auch schmerzliche Lehre für Pfarrer Marc vor einiger Zeit: es macht einen gewaltigen Unterschied, ob man für Leute träumt oder mit ihnen träumt. Deshalb hat er sich in seinem pastoralen Zentrum auf den Philippinen darum bemüht, wie ein solcher Prozess einer geteilten Vision funktionieren kann. Für ihn muss eine geteilte Vision gemeinsam erarbeitet und von allen gemeinsam geteilt werden. Auf der Basis einer solchen geteilten Vision können Menschen ermutigt werden, in Eigeninitiative ihre eigenen Begabungen einzubringen, weil man sich einem Prozess der Entwicklung und Ausführung einer gemeinsamen Vision verbunden fühlt. Welche Rolle kommt der Leitung eines solchen Prozesses zu? Sie hört zu, ist bereit zu lernen, fügt zusammen und hilft bei der Umsetzung der Vision in konkretes Handeln. Auf den Philippinen hat man sich interessanterweise vor der Entwicklung einer Vision für eine Diözese auf den Weg zu den Menschen gemacht: immer zu zweit haben Mitglieder der Pfarreien Hausbesuche durchgeführt und gefragt: „Was braucht ihr? Was ist bei Euch politisch los? Was ist kulturell los? Was sind Eure Bedürfnisse?“ Eine mutige Idee für die Philippinen, insbesondere in Zeiten der Militärdiktatur Marco, aber auch mutig, wenn wir uns eine solche Umsetzung in Oberursel/Steinbach konkret vorstellen.

Pfarrer Unfried erzählt uns von wunderschönen Begegnungen auf den Philippinen, die ihn und Susanne Degen, und dann auch uns berührt haben. Die beiden haben die Mangyanen, die Ureinwohner der Philippinen, besucht und dort den Missionar Pfarrer Ewald kennen gelernt. Pfarrer Ewald hat von der Würde jedes Menschen erzählt: „Wenn wir uns anderen Menschen nähern, müssen wir unsere Schuhe ausziehen, weil der Ort, dem wir uns nähern, heilig ist. Wir könnten sonst vergessen, dass Gott längst schon dort war, lange bevor wir ankamen.“ Diese ergreifenden Sätze könnten uns eine Perspektive bieten für Hausbesuche: Gott ist längst schon bei den Menschen, die uns begegnen werden auf unserem Weg.

An diesem Abend haben wir im Forum St. Ursula wieder unter Anleitung von Barbara Tambour diskutiert, nach jedem der beiden kurzen, prächtig illustrierten Vorträgen mit der Fischbowl-Methode, dann in einer Abschlussrunde im großen Kreis und danach bei einem Glas Wein. Die Themen der Entwicklung unserer Kirche, z.B. KCGs und Ehrenamtliche Gemeindeleitung, sind in einem Gärungsprozess. Wenn man die Berichte von den Initiativen liest, dann kommt dort für eine so große Gruppe von Menschen schon sehr viel Gemeinsames zum Vorschein; gut, dass wir uns unterstützen und unterstützt wissen.

Brigitte Reusch und Harald Schwalbe

 

Die Berichte mit weiteren Informationen finden Sie zum Download hier:

* Erfahrungen aus der Kirche Indiens

* Bukal ng Tipan (Quelle und Bund) – Pastoralinstitut in Manila
 

Die Kirche befindet sich im Umbruch. Alte Rahmenbedingungen ändern sich. Hatte vor einigen Jahrzehnten jede Pfarrei noch einen eigenen Pfarrer, so werden nun Gemeinden zusammengelegt oder von hauptamtlichen Bezugspersonen begleitet. Es ist absehbar, dass es auf Dauer nicht mehr ausreichend hauptamtliche pastorale Mitarbeiter / Mitarbeiterinnen für diese Aufgabe geben wird.

Die Frage der Gemeindeleitung durch Gemeindemitglieder wird sich immer drängender stellen. An einigen Orten der Weltkirche gibt es bereits Erfahrungen, wie getaufte und gefirmte Christen und Christinnen im Team diese Aufgabe übernehmen und so Kirche vor Ort selbstverantwortlich mitgestalten und ihr ein neues Gesicht geben. Die Erfahrung ist: Kirche „geht“ auch anders!

Den Bericht des Forums vom 17. Februar finden sie hier

 

Kontakt

Susanne Degen

Pastoralreferentin

St. Sebastian Straße 2
61440 Oberursel
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