(Predigt Pfr. Unfried zur anstehenden PGR-Wahl)
Liebe Christinnen und Christen,
im November steht die Wahl zum Pfarrgemeinderat an. Um Gottes Willen! Schon klar, worauf das wieder hinausläuft. Sie sollen sich aufstellen lassen als Kandidatin oder Kandidat. Das macht dann wieder einen Haufen Arbeit. Viele Stunden Sitzungszeit am Abend. Womöglich noch ein Posten in einem Ausschuss. Und das alles noch oben drauf zu Familie, Beruf und was da sonst noch Zeit und Aufmerksamkeit fordert. Überhaupt: wenn schon, dann möchten Sie sich vielleicht in der Gemeinde engagieren. Vor Ort. Konkret. Im PGR: da wird doch nur geredet…
Kann ich alles hören. Einiges davon stimmt sicher auch (aber nicht alles!). Und zur DNA des Ehrenamts gehört ja auch, dass man es freiwillig übernimmt. Und aus freien Stücken auch wieder sein lassen kann, ohne dass man größer begründungspflichtig wäre. Trotzdem: Ich werbe heute für den Pfarrgemeinderat. Und ich will ihnen auch sagen warum:
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Mein erstes Argument ist gleich ein ziemlich grundsätzliches: Viele haben in den vergangenen Monaten den Synodalen Weg der Kirche in Deutschland verfolgt, haben mitgezittert und mitgelitten, ob da überhaupt was rumkommt am Ende oder doch nur alles am Ende am Widerstand Roms scheitert. Ich sage jetzt: Wer den Pfarrgemeinderat scheitern lässt, oder auch nur nicht weiter wichtig nimmt, der braucht sich über Rom gar nicht mehr aufregen. Seit 1968 gibt es Pfarrgemeinderäte in unserem Bistum. Gemeinsam mit dem Pfarrer (eben synodal) leiten sie die Pfarreien. Das heißt wir entscheiden gemeinsam (synodal), was getan wird und was nicht. Der PGR gibt nicht nur Rat. PGR und Pfarrer leiten im Zusammenwirken. Ein hohes Gut. Das sollte uns etwas Wert sein.
Denn das ist für die katholische Kirche ja immer noch ziemlich ungewöhnlich. Es ist aber auch wichtig für die Erhaltung und Entwicklung demokratischer Kultur in unserer Gesellschaft überhaupt. Denn im PGR wird in aller Regel nicht durchregiert - und von der Minderheit opponiert. Unsere Entscheidungen fallen meist im Konsens oder doch einmütig – eben nach eingehender Beratung und im gegenseitigen Aufeinander-Hören. Gestritten wird deshalb trotzdem manchmal leidenschaftlich. Da merkt man dann, dass es um Wichtiges geht. Aber es werden eben auch Lösungen gesucht und gefunden, dass nicht nur einfach die Mehrheit sich durchsetzt.
In unserem Bistum ist die Kultur der synodalen Beratung übrigens struktur- und kulturprägend bis in die Bistumsleitung hinein. Bischof Bätzing hat sich selbst gebunden, keine Entscheidungen an der synodalen Beratung vorbei zu treffen. Und immer wieder hat sich diese synodale Kultur bewährt – gerade auch da, wo schwierige, unpopuläre Entscheidungen zu treffen waren.
„Okay“, sagen Sie jetzt, „aber bin ich dann nicht bei der Basis besser aufgehoben? Also in der Gemeinde vor Ort und nicht in den weiten Welten der Großpfarrei.“ Naja, so schrecklich weit sind diese Weiten ja gar nicht. Straßenkreuzer, Firmkonzept, Erstkommunion, Kulturcafé und Familienzentrum Doppelpunkt – das sind alles Themen der Pfarrei. Offen miteinander Glauben leben - Unsere Vision haben wir für die Pfarrei entwickelt. Gottesdienste, Caritas, Messdienerarbeit, das spielt sich mittlerweile auf Pfarrei-Ebene ab. Genau wie Spiritualität oder Bibel-Teilen.
Mutmaßliche Herausforderungen der nächsten Jahre wie das Thema Klimaneutralität oder auch eine zeitgemäße Jugendarbeit werden wir in der Pfarrei zu entwickeln haben. Das heißt nicht, dass in den Gemeinden nichts mehr los wäre. Und das heißt schon gar nicht, dass jetzt alles zentralisiert werden soll. Das Gegenteil ist richtig: Unsere Pfarrei versteht sich als Netzwerk mit vielen Knotenpunkten vor Ort. Die übrigens nicht alle mit Gemeinde gleichzusetzen wären. Alfred-Delp-Haus und Hospiz sind doch genauso Orte, wo Kirche lebt. Unser Familienzentrum lebt an vielen unterschiedlichen Orten Kirche für Eltern und Kinder. Das alles versucht der Pfarrgemeinderat im Blick und miteinander im Spiel zu halten.
Das gelingt umso besser, als im PGR auch viele Blickwinkel auf Kirche und Glauben vertreten sind. Das ist mein Argument für die, die sagen, sie wären nicht so die großen Redner und würden sich lieber in praktischen Dingen einbringen. Nichts dagegen und wie gesagt: Freiwilligkeit! Aber die Vielfalt der Ansichten und Blickwinkel hilft, gute Entscheidungen zu treffen - und nicht bloß gut gemeinte.
Und was heißt das jetzt konkret? Was käme auf Sie zu, wenn Sie sich einen Ruck gäben? Und dann müssten Sie ja auch erst einmal gewählt werden. Stimmt. Aber wir haben es in den letzten Jahren immer so gehalten, dass auch die Ersatzmitglieder die Einladungen und Protokolle bekamen. Weil meistens über die Amtsperiode hinweg doch Fluktuation ist, sodass oft Ersatzmitglieder nachrücken und Stimmrecht erhalten. 5-6 Sitzungen sind es, abends bis spätestens 22 Uhr. Dazu ein Klausurtag (oder Halbtag wie dieses Jahr). Und Sie müssen auch nicht zwangsläufig Bänke schleppen beim Pfarrfest.
Wir haben in den letzten Jahren in St. Ursula manches aufgebaut: Gemeindeleitung im Team, damit die Gemeinde vor Ort handlungsfähig bleibt. Mit dem Straßenkreuzer gehen wir aktiv auf Menschen zu. Das Familienzentrum Doppelpunkt koordiniert und vernetzt Angebote für Familien. Das Kulturcafé Windrose als Ort der Begegnung, des Gastgebens und zu Gast seins Unsere gemeinsame Vision ist wie ein roter Faden zu dem allem. Das alles will erhalten sein. Und wie bei einer Kathedrale: Eine Pfarrei ist nie fertig. Da ist immer etwas neu zu bauen oder zu renovieren. Da wachsen neue Aufgaben zu, stellen sich neue Herausforderungen.
Mir liegt das alles sehr am Herzen. Und deshalb werbe ich für einen starken Pfarrgemeinderat. Und hoffe, dass Sie mitmachen dabei.