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1. Fastensonntag

„aufhören“

„Wenn es nicht aufhören soll, dann müssen wir endlich damit beginnen, aufzuhören.“

Wir merken, dass sich vieles um uns herum verändert. Vieles hat aufgehört so zu sein, wie es war und wir mussten wohl oder übel mit vielem aufhören. Aufhören kann aber auch ganz bewusst geschehen.

Egal wie -  das mit dem Aufhören ist gar nicht so einfach. Wir merken es nicht nur in der Politik oder in der Kirche: Wann ist der rechte Zeitpunkt, einen Schlusspunkt zu setzen?

Das Aufhören kommt vor dem Anfangen. Neues kann nur begonnen werden, wenn man zuvor mit etwas anderem aufhört. Die Fastenzeit bietet dazu die Chance. Wir hören bewusst auf mit bestimmten Gewohnheiten, um offen zu werden für den Neu-Anfang schlechthin: Ostern. Diese Wochen vor Ostern wollen ein Türöffner, ein Impulsgeber oder auch ein Übungsfeld für das rechtzeitige und gute Aufhören sein.

Da kann dem Wörtchen „auf-hören“ eine ganze andere Bedeutung zukommen: Der Akzent liegt auf dem Hören. Ich höre wieder nach innen, ich höre wieder auf Gottes Stimme.

Während ich am Abarbeiten der To-do-Liste bin, mich im Hamsterrad, im rasenden Stillstand verausgabe, kann ich mich anrufen und erreichen lassen von einer anderen Stimme, die etwas anderes sagt als das, was auf meiner To-do-Liste steht und was sowieso erwartbar ist.

Wo ich auf-höre, wo ich mich erreichen lasse von etwas, da ändert sich meine Atemfrequenz, mein Herzschlag, mein Hautwiderstand, und es kommt zu einer veränderten Hormonausschüttung. Wir reagieren auf den Anruf, wir machen etwas damit, und genau da fühlen wir uns lebendig. Das ist der Moment des Sich-lebendig-Fühlens. Der Moment der Lebendigkeit ist genau der, an dem ich nicht nur angerufen werde, sondern plötzlich feststelle: Ich kann mit dem, mit der Stimme, die mich da erreicht, mit der Musik, die mir da begegnet, etwas anfangen. Es berührt mich. Das bleibt unverfügbar; es lässt sich nicht machen.

Die leisere Fastenzeit kann die Chance bieten, wieder sensibler zu werden für dieses bewusste Hören, das verändert. Bei der Fastenwoche in St. Crutzen können Sie das für sich ausprobieren.

Gönnen Sie sich diese Zeit!

Mathias Wolf, Diakon

Literaturempfehlung: H.J. Höhn, In Gottes Ohr, Herder, 2022