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Botticelli und die Drei Könige

2009-12-22 23:13:22

Die Botticelli-Ausstellung im Frankfurter Städel zieht in diesen Tagen einen Massenpublikum an. Die Menschen lassen sich begeistern von diesem florentinischen Meister der Renaissance. Gerade seine Porträts zeigen das Neue, das er in seiner Zeit geschaffen hat. Er gibt den Köpfen auf seinen Bildern einen Charakter und lässt ihr Lebensschicksal durchleuchten.So verwundert es kaum, dass er auch in klassischen Themen der Kunst Zeitgenossen verewigt hat. So auch in die sogenannte „Del Lama“ Anbetung: Hier ist eine Bühne angelegt, auf der die Figuren arrangiert angeordnet sind. Der Stifter des Bildes Guaspare(zu deutsch „Kaspar“) dei Zanobi del Lama hatte sich als Geldmakler ein Vermögen verdient, galt zugleich aber auch als Wucherer. Für seine Grablege malte Botticelli dieses Altarbild. Der Gepflogenheit der Zeit entsprechend, hätte der Stifter sich selbst hier an prominenter Stelle porträtieren lassen können, aber es finden sich andere Personen: allesamt Mitglieder des Hauses der Medici. Ihnen hatte Guaspare seinen Aufstieg zu verdanken. Auch der Maler selbst hat sich ganz rechts im langen gelben Gewand verewigt.Was mich fasziniert ist die Selbstverständlichkeit mit der die Grenzen von Raum und Zeit übersprungen werden und die Menschen sich einreihen in den Zug zur Krippe. Ihnen war klar: das ist nicht nur eine alte Geschichte, nein das hat mit uns zu tun. Wir sind bei dieser Geschichte Gottes mit dabei, so sehr, dass wir mit von der Partie sind. Wir können es förmlich mit Händen greifen, so nah ist dieser Gott.Das könnte die Provokation dieses Bildes für uns sein. Trauen wir heute diesem Gott auch noch diese Nähe für unseren persönlichen Lebensweg zu? Würden wir uns einreihen in die Schar der vielen, die zur Krippe unterwegs waren und sind? Ja, wo wäre unser Platz? Würden wir unsere Häuser und Landschaften in einem solchen Bild zu heiligen Orten werden lassen? Mich bringt diese Selbstverständlichkeit mit der die Menschen sich damals in Gottes Nähe sahen viel mehr zum Staunen als die Skrupellosigkeit der Auftraggeber. Sind unsere Landschaften, unsere Straßen, unser Alltag und unsere Freizeit, ja unsere Gesichter Orte an denen wir Gott vermuten?Die drei Könige kehrten auf einem anderen Weg in ihr Heimatland zurück, heißt es in der Bibel. Die Begegnung mit dem Kind in der Krippe lässt anders in das Leben des Alltags zurückkehren, damit wir hier Gottes Spuren immer besser entdecken können.Mathias Wolf, Diakon