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Dankbarkeit

Ein Satz von Meister Eckhart geht seit einigen Wochen mit mir: Wenn das einzige Gebet, das du in deinem Leben gesprochen hast, „Danke“ wäre, würde das ausreichen.

Wofür bin ich dankbar?

Wenn man sich mit etwas Muße und Ernst dieser Frage widmet, dann wird das eine sehr schöne Übung. Jetzt in diesen Tagen, in denen uns in Erinnerung gerufen wird, was vor 80 Jahren geschah, dann ist es vor allem Dankbarkeit dafür, dass ich mein ganzes bisheriges Leben in Frieden leben durfte, ja, dass ich überhaupt bin. Nicht selbstverständlich, dass meine Eltern diesen Krieg überlebten, nicht durch Bomben oder Hunger getötet wurden, den Mut hatten, Leben weiterzugeben. 

Unter das Dach meines Gebetswortes „Danke“ ziehen viele Gedanken und Bitten ein. Die Befreiung Deutschlands von der nationalsozialistischen Schreckensherrschaft hat so viele Menschen das Leben gekostet, hat unfassbares Leid bedeutet. Wie könnte man dessen nicht gedenken? Und je tiefer die Dankbarkeit geht, desto dringlicher der Wunsch, dass alle Menschen im Frieden leben können. Dankbarkeit macht berührbarer für das Schicksal, das Leid der anderen. Und unter das Dach meines Dankes ziehen die Menschen ein, von den ich heute Morgen in der Zeitung gelesen haben. Die Kinder in den Kriegsgebieten, die verwundet sind an Leib und Seele, die nicht heilen können, weil der Krieg einfach nicht aufhört. 

Ich hoffe und wünsche es Ihnen, dass Sie den Monat Mai mit seiner ganzen Schönheit oft und ausgiebig genießen können. Und vielleicht wird aus einem Moment des Einklangs ein Gebet, ein Dank, in dem alles Platz hat, was ist. 

 

Susanne Degen