Zum Hauptinhalt springen Skip to page footer

„Das Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht“

2007-08-30 12:42:54

Ein neues Schuljahr hat begonnen; wir staunen, wie groß die Kinder geworden sind. Und wer aufmerksam ist, erkennt auch, wie in jedem/r von uns Wachstum geschieht – still und heimlich.Der Kasseler Pfarrer Harald Fischer hat sich dazu Gedanken gemacht, mit denen ich Ihnen eine gute Woche wünsche:Wenn Kinder laufen lernen, verfolgen sie dabei ihren ganz eigenen Rhythmus: Vom ersten Hochziehen und wieder zurück auf den Po plumpsen bis zu den ersten Schritten allein durch den Raum können Wochen, ja Monate vergehen. Je nach Charakter, Mut, Tatendrang eines Kindes geht das unterschiedlich schnell. So manche Prognose stolzer Eltern, „nächste Woche läuft er oder sie“ ist schon fehlgeschlagen – „beibringen“ lässt sich meist nur etwas, wenn das Kind dazu bereit ist, die Zeit dazu reif ist, Dann hat schon so manches Kind seine Eltern überrascht: dadurch, dass es plötzlich begriffen hat, wie es geht, und dadurch, dass es auf einmal keine Angst mehr hatte. „Das Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht“, so lautet ein afrikanisches Sprichwort. Immer wieder gibt es Dinge im Leben, die fühlen sich an wie „Laufen lernen“. Neue Fertigkeiten erlernen, weil ein Berufswechsel angesagt ist, sich ein Instrument beibringen oder für eine bestimmte Sportart trainieren ist ein Prozess, der Zeit braucht – manchmal sehr viel Zeit. Das sind äußere Fähigkeiten, Dinge die wir uns aneignen können. Daneben gibt es ein inneres Wachsen: Zunehmen an innerer Weite, an Verständnis, Weisheit, Klarheit, Liebe. Auch das braucht Zeit, auch hierfür gibt es einen eigenen Rhythmus, dem zu folgen „lohnt“. Während wir uns die unterschiedlichsten Dinge aneignen, immer neu dazu lernen und lernen müssen, vergessen wir manchmal dem Aufmerksamkeit zu schenken, was in uns wächst. Die Gleichnisse vom Samenkorn (z.B. Mk 4,30-33), vom Wachsen der Saat, die Jesus in der Bibel einmal erzählt, erinnern an die Möglichkeit, reiche Frucht zu tragen in Bezug auf das, was Jesus das Reich Gottes nennt: einen Zustand der Liebe, des Verstehens, der Gerechtigkeit. Dieser Zustand ist nicht einfach herstellbar – er wächst. Dieses Wachsen kann man nicht „machen“ – nur begleiten. Man kann es nicht herstellen, aber wahrnehmen, wenn man aufmerksam dafür ist. Denn wie es das afrikanische Sprichwort sagt: Das Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht.