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Der Herr schenke dir Gesundheit und Heil

Mit diesen Worten wird dieser Tage vielerorts der Blasiussegen gespendet. Dies geschieht natürlich mit Abstand und Maske. Denn die Gefahr der Ansteckung ist keineswegs gebannt. In der Corona-Zeit ist vieles gesagt worden. Mir ist ein Satz besonders in Erinnerung geblieben: „Solange auch nur einer krank ist, ist niemand wirklich gesund.“

Ich finde, in diesem kurzen Satz ist treffend zusammenfasst, was wir in Sachen Gesundheit und Krankheit in der Corona-Pandemie gelernt haben. So sehr wir auch auf Abstand bedacht waren, so sehr wurde uns doch auch klar, dass wir unsere Körper nicht mehr als voneinander unabhängige Einheiten betrachten können. Haben Impfverweigerer und Impfgegner sich auf das in der Aufklärung formulierte Recht auf den eigenen (unversehrten) Körper („habeas corpus“) berufen mit dem Slogan „my body, my choice“, so zeigte sich, dass niemand für sich die Unversehrtheit seines Körpers bewahren kann. Das Virus ging uns allen nur allzu schnell unter die Haut und unsere Körper lassen sich eben nicht mehr scharf voneinander trennen. Grenzen von Innen und Außen, von ich und anderen, wie sie durch die Haut so klar markiert zu werden scheinen, sie werden vom Virus unterlaufen.

Man kann es sogar noch elementarer und einfacher sagen: Wir atmen alle die gleiche Luft und genau das kann gefährlich werden. Das Atmen ist ein elementarer Vorgang des Lebendigen. Nicht ohne Grund wird Adam der Atem Gottes bei seiner Erschaffung eingeblasen (vgl. Gen 2,7). Über den Atem haben wir uns in der Corona-Pandemie als miteinander verbundene Wesen erlebt.

„Solange auch nur einer krank ist, ist niemand wirklich gesund“ – Das verändert unser Verhältnis zu unserem Körper und dem der anderen. Wir werden sensibel für Abhängigkeiten und Gemeinsamkeiten, die auch jenseits von Corona gelten. Wir haben gelernt, dass mit der Enteignung des eigenen Körpers oder einer totalitären Aufhebung des Individuums in einem „Volkskörper“ kein Staat zu machen ist – zumindest nicht bei uns. Eine ganz alte Selbstverständlichkeit kommt viel eher in den Blick und harrt einer konkreten Umsetzung: Solidarität. Es geht um eine Solidarität, die auch an nationalen Grenzen nicht haltmachen kann.

Das entspricht übrigens ganz ähnlich auch der biblischen Sicht von Krankheit. Hier wird immer der Mensch in seinen vielfältigen Lebensbezügen gesehen. Krankheit ist hier kein individualistisches Geschehen, sondern es betrifft alle. Gerade deshalb erregt Jesu Umgang mit den Kranken auch oft solch einen Widerspruch. Es ist Zeit, dass wir uns wieder der sozialen Dimensionen von Krankheit und Gesundheit stellen. Da geht es natürlich um den gesellschaftlichen Zugang zu Pflege und Heilung, wie auch um die Frage einer gerechten Entlohnung und nicht zuletzt um die Gesundheitsrisiken, die bei uns durch Lebensumstände und Ernährung sehr ungleich verteilt sind.

„Solange auch nur einer krank ist, ist niemand wirklich gesund“ – Wenn das bliebe als Erkenntnisgewinn aus Corona, dann wäre das schon einiges.

Mathias Wolf, Diakon