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„Der Mensch sieht, was vor Augen ist – Der Herr aber sieht das Herz“

2011-04-01 22:13:29

[i]1. Lesung des 4. Fastensonntages (1 Sam 16,7b)[/i]In seiner Ordensregel gibt der hl. Benedikt dem Abt zu bedenken, dass es dem Heiligen Geist gefalle, vorzugsweise aus dem Mund des jüngsten Mönches zu sprechen. Den Rat des Jüngsten soll der Abt nicht verachten. Das ist verwunderlich.Im Normalfall fragen wir lieber Ältere um Rat. Wir trauen eher gestandenen Männern und Frauen mit Lebenserfahrung zu, dass sie uns wichtiges zu sagen haben. Wir setzen auf ihre Weisheit und Lebenserfahrung. Und es ist auch oft bereichernd älteren Menschen zuzuhören und ihre Auffassung zu bedenken. Und doch steht da der Satz aus der Benediktsregel: \"Gottes Geist spricht bevorzugt aus dem Mund des Jüngsten\". Wir hören am 4. Fastensonntag die Berufungsgeschichte des jungen David. Ich weiß nicht, ob der hl. Benedikt ein Bewunderer des Königs David im Alten Testament war. Aber Gott geht mit David einen ähnlichen unerwarteten Weg. Gott wählt den Jüngsten zum König. Das klingt sehr überraschend, es überrascht selbst den König Saul. Er glaubt im erstgeborenen Sohn bereits dem neuen König gegenüberzustehen. Auch er traut dem Älteren wohl mehr zu. Eliab aber war nicht der Erwählte. Samuel tritt vor die anderen Söhne, die wohl gerne erwählt worden wären. Aber auch sie hat Gott nicht erwählt. Der Herr hat anderes im Sinn. \"Sind das alle deine Söhne?\" fragt Samuel den Vater. \"Der Jüngste fehlt noch\", antwortet Isai, \"aber er hütet gerade die Schafe, der kommt dafür ohnehin nicht in Frage.\" Die älteren Brüder sehen da ihre Felle davon schwimmen. Sie sehen auf einmal ganz schön alt aus. Der Jüngste wird erwählt und Samuel salbt David zum König, er ist zu Großem berufen. Gott hat andere Auswahlkriterien als der Mensch. \"Der Mensch sieht, was vor Augen ist.\" Der Mensch urteilt nach menschlichen Kriterien, er achtet auf das Erscheinungsbild, die Ausstrahlung, die Kompetenz. Er greift auf bewährte Muster zurück, wenn er eine Wahl trifft. \"Der Herr aber sieht das Herz\". Er sieht in den Menschen hinein, er sieht weiter und besser, er hat Durchblick und Fernblick. Nie ist ihm ein Mensch zu unansehnlich und zu klein, als dass er ihn übersehen würde. Im Gegenteil: Gerade die, die in der Welt als klein gelten, sieht er an und gibt ihnen Ansehen und stattet sie mit Vollmachten aus. \"Er stürzt die Mächtigen vom Thron und erhöht die Niedrigen\".David heißt übersetzt: Liebling. David ist Gottes Liebling. Gott liebt den, dem sonst keiner etwas zutraut. Es ist kein Grund, jemandem weniger zuzutrauen, der jünger und kleiner ist oder der nicht dem Ideal der Modemacher entspricht.[i]Reinhold Kalteier[/i]Pfarrer