Die Brüder Jesu
Also doch! Jesus war kein Einzelkind. Das Sonntagsevangelium nennt ausdrücklich seine Brüder:
Jakobus, Joses, Judas und Simon. Und außerdem noch nicht namentlich genannte Schwestern. Alle
wohnhaft in seiner Heimatstadt Nazaret. Tatsächlich hat sich vor allem die katholische Dogmatik
lange herumgequält mit diesem biblischen Befund. Sah man doch einen Widerspruch zur
Jungfräulichkeit Mariens. Die Orthodoxie hat sich beholfen, indem sie angenommen hat, die
Genannten seien Stiefgeschwister aus einer früheren Ehe des Josef. Und in der katholischen Exegese
hat man akribisch nachzuweisen versucht, dass mit dem Wort „Brüder“ damals auch entferntere
Blutsverwandte gemeint sein konnten.
Wie auch immer. Der Evangelist Markus erzählt ja nichts von den Umständen bei Jesu Geburt.
Darüber scheint er nichts Sicheres zu wissen. Was Matthäus und Lukas mit der Jungfrauengeburt Jesu
deutlich machen wollen, das ist ihm allerdings ebenfalls wichtig. Dieser Jesus war ganz und gar
Mensch. Und ganz und gar Gott. Gottheit und Menschheit seien in ihm unvermischt und ungetrennt
wird ein berühmtes Konzil später sagen.
Und wir tun gut daran beides im Blick zu behalten: Dass er nicht als „verkleideter Gott“ auf unsrer
Erde vorbeigeschaut hat. Und dass man ihn genauso wenig versteht, wenn man in ihm allein den
besonders guten Menschen sieht. Ganz Mensch, ganz Gott: Daran hängt der Glaube. Nicht an Jesu
Familienverhältnissen.
Pfr. Andreas Unfried