Ein Segen sein (2. Fastensonntag – 1. Lesung Gen 12,1-4a)
2014-03-14 13:15:37
Einer der bekanntesten „Umzüge“ oder „Aufbrüche“ in der Bibel ist wohl der des Abraham. Auf ein großes Abenteuer hat sich Abraham eingelassen. Im Alter von 75 Jahren erfährt er von Gott die Aufforderung: „Zieh weg aus deinem Land, von deiner Verwandtschaft und aus deinem Vaterhaus in das Land, das ich dir zeigen werde. Ich werde dich zu einem großen Volk machen“.Abraham soll sich lösen von seiner gesicherten Existenz, er war reich und sesshaft. Er war kinderlos und ohne Hoffnung auf Erben. Sein Leben war ohne Aussicht auf große Veränderung seiner Lebensumstände. Dennoch lässt sich der gläubige Abraham ein auf Gottes Wort, schlägt die Zelte ab und macht sich auf den Weg. Es ist ein Weg ins Ungewisse.Sein Zutrauen auf Gott wird sich erst am Ziel als völlig gerechtfertigt erweisen. Aber er erhält unterwegs immer wieder einen Vorgeschmack auf die gegebene Verheißung.Den versprochenen Segen erfährt er in der Beständigkeit der Natur, im täglichen Aufgehen der Sonne, im Regen nach Wochen und Monaten der Dürre, im Wachsen und Reifen, in der Vergrößerung der Herde, in der immer wieder keimenden Hoffnung, dass das Leben stärker ist als der Tod.Und dazu kommt noch ein zweites: Abram erfährt diesen Segen auch an wichtigen Wegstationen seines Lebens. Oft genug scheint sein Weg in eine Sackgasse zu führen, scheint Gott sogar ein übles Spiel mit ihm zu treiben. Aber, indem er weitergeht, öffnet sich ein Weg durch die Dunkelheiten, Katastrophen und Banalitäten menschlicher Geschichte hindurch.Und als Tüpfelchen auf das „i“ kommt noch ein drittes hinzu. Gott sagt ihm: Man wird dich nicht mehr Abram „erhabener Vater“ nennen, sondern Abraham „Vater der großen Menge“.Mit dieser kühnen Namensgebung greift Gott der Entwicklung voraus und heftet ihm ans Revers, was Abraham erst viele Generationen nach seinem Tod wirklich sein wird: Stammvater eines großen Volkes. Somit wird er, der den Segen Gottes erfahren hat, zum Segen für sein Volk. Der Text macht deutlich, dass Gott diesen Segen nicht als Privileg, als exklusive Auszeichnung versteht. Abraham soll den Segen nicht für sich behalten. Gott nimmt Abraham in Dienst für das, was er selbst mit den Völkern vorhat. „Du sollst ein Segen sein. In dir sollen alle Geschlechter der Erde gesegnet sein.“ Die Segensgabe ist zugleich eine Aufgabe.Israel – so sagen es später die Propheten – soll unter dem Segen Gottes wahrhaftig ein Volk von Geschwistern sein. und das soll wie ein Sog wirken auf andere Völker. Daraus könnte eine Menschheitsfamilie entstehen, in der nicht Rivalität und nationaler Dünkel das Regiment führen, sondern geschwisterliches Zusammenstehen.Was damals für Israel galt, das gilt auch heute für uns. Kirche als Ganzes und wir als Christen sind zum Segnen bestimmt – d.h. wir sollen Segen sein für die Menschen, ob getauft oder ungetauft, bekannt oder fremd.Wenn am Ende des Gottesdienstes der Segen steht, so heißt das: Geh in der Gewissheit: Gott ist mit seinem Segen bei dir. Das „Gehet hin in Frieden“ sollten wir aber auch als Aufforderung verstehen: „Geh, und werde zum Segen!“ Wir wissen als Glaubende: Gott ist mit uns!