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Fasten

2015-01-25 21:32:27

Spätestens nach drei Tagen fühle ich mich ganz leicht.Jedes Jahr im Frühjahr mache ich eine Fastenwoche: eine ganze Woche auf feste Nahrung verzichten. Der Entschluss kostet mich immer Überwindung. Es gibt tausend Gründe, warum es in dieser Woche eigentlich gar nicht passt. Aber egal.Der Einstieg ist am Härtesten: nur trinken, nichts essen – und dabei kreisen die Gedanken doch so um’s Essen. Die ersten Tage ist mir immer kalt. Ich setze mich dann mit einer Tasse heißem Tee unter eine warme Decke. Und wenn ich so dasitze, wird alles um mich herum immer langsamer. Vielleicht weil ich langsamer werde. Die Hetze hört auf und ich habe viel mehr Zeit. Schon die ganze Zeit, die ich sonst mit Einkaufen und Kochen verbringe, ist einfach da. Mir tut es gut, einfach nur da zu sitzen.Und nach drei Tagen geht es mir so, als würde ich über dem Boden schweben. Ich fühle mich ganz leicht. Die Müdigkeit ist weg. Ich bin hellwach. Die Gedanken fliegen nur so dahin. Es ist wie ein Feuerwerk der Kreativität im Kopf, das ich erlebe. Für das ein oder andere Problem finden sich plötzlich ganz unerwartete Lösungen.In diesen Tagen bin ich irgendwie wacher als sonst. Ich nehme meine Umgebung viel aufmerksamer wahr. Gerüche, Stimmungen - all das kommt näher an mich heran.Ich hätte nie gedacht, dass das funktioniert: nichts essen und ganz aufmerksam sein. Allein wäre ich vermutlich auch nie auf die Idee gekommen, so etwas auszuprobieren. Bei mir in der Gemeinde gibt es eine Gruppe, die fastet jedes Jahr. Diese Erfahrungen zu teilen, macht es einfacher. Wenn der Tag zu Ende geht, treffen wir uns zu einer stillen Stunde: Musik und Impulse hören, sich austauschen - Stille. Der Fastentag geht anders zu Ende als die anderen Tage. Ich gehe ins Bett und schlafe erholsamer als sonst.Es ist wieder Fastenzeit. Viele nehmen sich für diese 40 Tage vor Ostern etwas Besonderes vor. Auf irgendetwas verzichten sie: Rauchen, Alkohol, Süßigkeiten. Egal, was es ist, es kann helfen, das Leben wieder etwas anders zu machen. Fasten schafft einen freieren Blick und klarere Gedanken. Fasten öffnet die Tür in eine andere Welt.Kein Wunder: Von vielen Menschen, die mit Gott in Berührung gekommen sind, wird berichtet, dass sie auch fasten.Ich freue mich übrigens schon auf kommenden Sonntag. Denn da endet unsere Fastenwoche mit einem gemeinsamen Frühstück. Die vielen Köstlichkeiten schmecken nie so intensiv wie bei diesem Sonntagsfrühstück. Und nächstes Jahr nehme ich mir wieder vor dabei zu sein.Mathias WolfHinweise zur Fastenwoche in St. Crutzen in diesem Jahr finden Sie unter www.kath-oberursel.de