Fest Kreuzerhöhung – Kreuz St. Crutzen
„Der Jesus am Kreuz ist doch gar nicht tot“ „Der hat ja etwas an…“ –solche oder ähnliche Kommentare höre von Kindern, wenn ich mit ihnen das Kreuz in St. Crutzen betrachte. Die Kinder haben recht! Sie entdecken direkt, was auf die Spur des Besonderen des Kreuzes von St. Crutzen führt.

In der Chronik der Pfarrei St. Crutzen finde ich für das Jahr 1967 die Eintrag: „Die größte Weihnachtsüberraschung war das Kreuz über dem Altare, das Frau Lenz/Gerhards (sic!) aus Frankfurt geschaffen hat. Frau Lenz ist eine Schülerin des berühmten Pariser Bildhauers Prof. Ossip Zadkin. Das Kreuz ist ein Geschenk der Gemeinde Weißkirchen an unsere Kirche.“ Nichts wird über vorhergehende Diskussionen berichtet; sogar der Name der Künstlerin ist nicht korrekt geschrieben. Vermutlich war auch der Autor dieser Zeilen nicht näher mit der Entstehung befasst. Viele Jahre später wurde dann offenbar diese Darstellung Christi mit einem Bronzekreuz verbunden und im Altarraum aufgestellt.
Franziska Lenz-Gerharz wurde 1922 in Ransbach im Westerwald geboren und starb 2010 in Frankfurt. Als Bildhauerin und freischaffende Künstlerin war sie vor allem in Frankfurt und Umgebung tätig – sie schuf etwa den Struwwelpeterbrunnen an der Hauptwache. Sie stammte aus einer alten Westerwälder Töpferfamilie, erlernte das Töpferhandwerk und studierte nach dem Krieg (1948–1951) Bildhauerei an der Akademie der Bildenden Künste in Karlsruhe sowie in Paris und München. Wenn man ihre Figurensprache liest, kann man deutliche Anklänge an den Kubismus – eine Kunstrichtung aus dem Anfang des 20. Jahrhunderts - entdecken. Hier zeigt sich auch deutlich die Prägung durch den russischen Bildhauer Ossip Zadkine, ihren Lehrer aus Paris.
Für mich zeigt dieses Kreuz einige interessante Perspektiven: Jesus am Kreuz ist nicht tot. Er schaut mich freundlich an. Ich sehe Christus in seiner Herrlichkeit mit Gloriole und einem Königsmantel bekleidet mit weit ausgestreckten Armen. Es ist der königliche Christus, der wie aufgehende Sonne als königlicher Richter der Welt erwartet wird. In diesem Gekreuzigten wird mir nicht das unendliche Leid und die Ungerechtigkeit dieser Welt und unseres Lebens gespiegelt wie in vielen anderen Kreuzesdarstellungen. Gerade die über das Kreuz hinausreichenden ausgestreckten Arme sagen mir: Er hat den Tod besiegt; er wird alle Ungerechtigkeit und alles Leid dieser Welt und auch meines Lebens an ein Ende bringen. Mit ihm kommen die Herren der Welt an ein Ende.
Mit weit ausgestreckten Armen und mit einem freundlichen Gesicht löst er ein, was im Johannesevangelium über ihn steht: „Er hat die Welt sosehr geliebt, dass er seinen Sohn hingab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren geht, sondern ewiges Leben hat…(Er ist) nicht in die Welt gesandt, damit er die Welt richtet, sondern damit die Welt durch ihn gerettet wird.“ (Joh 3,16f.).
Wenn ich dieses Kreuz sehe, dann sehe ich mehr; ich sehe weiter. Ich erkenne den, der sich ganz auf diese Welt eingelassen und ihr so eine neue, hoffnungsvolle Perspektive gegeben hat.
Ganz am Ende wird er wiederkommen und dann wird alles gut – in der Welt und in meinem Leben.
Mathias Wolf, Diakon