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Gastfreundschaft

ist ein urbiblisches Element, das sich wie ein roter Faden durch das Alte und Neue Testament zieht.

Wenn bei dir ein Fremder in eurem Land lebt, sollt ihr ihn nicht unterdrücken. Der Fremde, der sich bei euch aufhält, soll euch wie ein Einheimischer gelten und du sollst ihn lieben wie dich selbst; denn ihr seid selbst Fremde in Ägypten gewesen. Ich bin der Herr, euer Gott. (Lev 19,33-34)

Grundlegend ist dabei die eigene Erfahrung des Volkes Israel, im ägyptischen Asyl fremd gewesen zu sein. Israel war fremd in Ägypten und wurde auch in dieser Zeit von den dortigen Einheimischen gastlich aufgenommen – bis zur unrühmlichen Versklavung, die zum Exodus unter Mose in das gelobte Land, die Heimat führte.

Israel ist Gast der Ägypter - und schon immer Gast Gottes in der Welt.

Aus dieser Grunderfahrung - am eigenen Leib sozusagen – ergibt sich für Israel wie selbstverständlich die Aufnahme von Fremden, ohne sie an bestimmte Bedingungen zu knüpfen. Israel wird vom Gastgeber Jahwe unbedingt angenommen. Also ist das Volk selbst unbedingt gastfreundlich.

Echte Gastfreundschaft - in Israel damals und bei uns im 21. Jahrhundert - zeigt sich in der Aufnahme des Fremden um seiner selbst willen. Vorbehaltlose Aufnahme des Fremden bedeutet somit, über die alltägliche und ökonomische Logik hinaus ihm zu geben, ohne dafür eine Gegenleistung einzufordern.

Dieser Geschenkcharakter der Gastfreundschaft ist belegt durch die ganze Kirchengeschichte bis hin zum Kirchenasyl. Gleichzeitig erzählt uns die Geschichte der Kirche, dass genau diese Gastfreundschaft gegenüber Fremden oder Andersgläubigen nicht immer selbstverständlich praktiziert wurde, sondern das Kirche sich auch brutal und inhuman gegenüber Fremden zeigte (früher: Judenpogrome, Kreuzzüge / heute: Ausgrenzung und innere Abschottung der Gemeinden, die oft zur Ablehnung Andersdenkender führte und führt.)

Für Christen und christliche Gemeinden bedeutet das gerade heute, dass die Bereitschaft, Gastfreundschaft den Fremden, den Neuzugezogenen zu schenken verbunden, mit dem Risiko selbst abgelehnt zu werden.

Grundlegend ist es, in jedem Menschen, der neu und fremd zu uns kommt, Gott zu erkennen. Auch auf die Gefahr als „Gutmensch“ bezeichnet zu werden, auch auf die Gefahr hin, etwas nicht genügend leisten zu können, ist es für mich als Christ wichtig, immer wieder zu versuchen, ein guter Gastgeber zu sein. Denn es ist für mich, wenn ich selbst in der Fremde bin, genauso wichtig, gastfreundlich aufgenommen zu werden.

Wir in Deutschland haben dies in unserer Geschichte nach dem 2. Weltkrieg bewiesen, dass wir gastfreundlich sein können, wenn Menschen ihre Heimat verlieren und zu uns kommen. Wir haben gezeigt, als wir 2014/2015 geflüchteten Menschen in unserer Pfarrei tatkräftig unterstützt haben. Wir erleben es jetzt in der Zeit von Krieg in der Ukraine und der damit verbunden Flucht. In unser Land, in unsere Städte.

Die Kirchengemeinden in Oberursel und Steinbach folgen dieser gastfreundlichen Tradition - grundgelegt im Alten Testament. Dies zeigt sich u.a. durch die Unterstützung der Flüchtlinge gemeinsam mit vielen anderen Engagierten in den Kommunen unseres Landkreises.

Eine Stadt, ein Land kann nur so gastlich sein, wie es ihre Bewohner sind.

 

Christof Reusch