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Geistliches Wort zum Fest „Verklärung des Herrn“

2007-04-27 16:48:08

Berge sind faszinierend. Gerade in der Urlaubszeit zieht es viele in die Berge, um Erholung zu suchen. Auf ihren Gipfeln sind wir der Welt des Alltäglichen enthoben und fühlen uns Gott ein wenig näher. Der Gipfel eines Berges ist auch der Ort der Verklärung Jesu. Am 6. August feiert die Kirche dieses Fest.Wenn wir vom „Verklären“ reden, dann meist im Sinne von der Wirklichkeit entrückt, abgehoben. Hier schaut jemand durch die rosarote Brille, die Vergangenheit wird „verklärt“, Kinder betrachten „verklärt“ den Weihnachtsbaum und Liebende sind gar blind. Nicht mehr ganz klar sehen. Was „verklärt“ ist, ist nicht ganz glaubwürdig. Es steht im Verdacht, hier würde etwas beschönigt. Wenn wir uns den Bericht von der Verklärung Jesu ansehen, dann läßt sich dieser Verdacht nicht ganz abweisen. Die Jünger empfinden auf dem Berg Tabor wohl ein solches Glücksgefühl, daß sie den Abstieg ins wahre Leben verweigern wollen.Im zweiten Petrusbrief wird dieser Verdacht auch offen ausgesprochen und abgewiesen: „Wir sind nicht irgendwelchen klug ausgedachten Geschichten gefolgt...“ heißt es. Die Verklärung also kein Hirngespinst.Was ist dran an der Verklärung? Zu dem, was da geschah, finden wir durch das Dunkel der Jahrhunderte nur schwer einen Zugang. Der Versuch; die Verklärung aufzuklären, wäre zum Scheitern verurteilt. Es war nie Interesse der Erzähler, uns einen Tatsachenbericht vorzulegen. Sie wollen uns etwas von Jesus erzählen. Weniger ein Detail seiner Biographie interessiert hier als der Antwortversuch auf die Frage, wer dieser Jesus war. Was macht ihn im Grunde aus?„Das ist mein geliebter Sohn...“ – damit ist alles gesagt. Jesus ist als gewöhnlicher Mensch nicht zu verstehen: seine Wunder und Worte, seine Gleichnisse, seine Ausstrahlung, all das erklärt ihn nicht. Sein besonderes Verhältnis zu Gott bringt Aufklärung. Hier am Berg der Verklärung wird der Schleier ein wenig gelüftet und wir bekommen Einblick in das Geheimnis Gottes, genauer: in das Verhältnis Jesu zu Gott. Er ist Gottes Sohn! Das Verhältnis beider ist von Wohlwollen, ja von Liebe geprägt. Die Verklärung Jesu also eine Geschichte, unsere Neugier zu befriedigen?Das wäre zu wenig. Denn weil Jesus Gottes Sohn ist, bleibt das auch für alle, die an ihn glauben nicht folgenlos. Blaise Pascal, der berühmte Philosoph und Naturwissenschaftler der Aufklärung, war davon überzeugt, daß „der Mensch den Menschen unendlich übersteigt.“ Wir tragen tief in uns ein Sehnen, das weit über unsere Welt und die Wirklichkeiten und Möglichkeiten unseres Lebens hinausgreift. Eine Sehnsucht, die bei allen Versuchen, sie zu erfüllen, immer noch etwas offen läßt. Wir kommen mit dieser Sehnsucht in dieser Welt nicht an ihr Ziel. Deshalb enden letztlich alle Versuche der innerweltlichen Erfüllung dieser Sehnsucht in ihrer Abtötung oder Betäubung. So gesehen bekommt das Fest „Verklärung des Herrn“ eine eigenartige Wende. Es verklärt nicht, sondern es klärt. Es schafft Klarheit – über Jesus und letztlich auch über uns! Die Begegnung auf dem Berg will uns öffnen, daß wir etwas erahnen von der Tiefe und Größe zu der wir gerufen sind. Sich „verklären“ zu lassen hat nichts mit Träumerei zu tun, sondern weist auf den Grund des Ganzen. Wir Menschen sind zu einer Sehnsucht gerufen, die nur Gott erfüllen kann. Erst wenn wir uns auf dieses Abenteuer mit Gott in unserem Leben einlassen, werden wir wirklich Menschen – als Söhne und Töchter Gottes. Wenn wir uns über diese Welt hinaus wagen, nur dann kommen wir ans Ziel unserer Suche nach Glück. Pascal fährt denn auch nach seiner Einsicht, „daß der Mensch den Menschen unendlich übersteigt“, fort mit der Aufforderung: „Vernimm von deinem Meister deine wahre Verfassung, die du nicht kennst. Höre auf Gott!“Jeder Versuch des Menschen sich selbst zu erklären, kann nicht gelingen. Wir müssen uns von außen her zusagen lassen, wer wir wirklich sind, was unsere „wahre Verfassung“ ist. Es gilt auf Gott zu hören. Von ihm her erfahren wir die Tiefe des Menschseins.Vielleicht sind deshalb die Berge auch so faszinierend. Auf dem Gipfel stehend, da wo wir es durch eigene Anstrengung nicht höher hinaus schaffen, wird uns mit einem Mal klar, daß Erfüllung und Sinn nur von Gott her möglich sind. In der stillen Faszination des Gipfels klingt in uns die Aufforderung: „Höre auf Gott!“ – So wünsche ich Ihnen viele Gipfelerlebnisse!Mathias Wolf, Diakon