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Glauben aus erster Hand

Der Evangelist Johannes muss den Thomas besonders gemocht haben. Sonst hätte er ihm
nicht gleich drei Auftritte (inklusive Sprechrolle) in seinem Evangelium gegeben. Wogegen
die anderen Evangelisten den Thomas einfach nur in ihren Apostel-Listen erwähnen. Bei
Johannes ist er derjenige, der angesichts der Leidensankündigung Jesu die anderen auffordert:
„Kommt, lasst uns mit ihm nach Jerusalem gehen und dort mit ihm sterben“. Er ist es auch der
nachfragt, was Jesus denn meint mit dem „Weg, auf dem sie ihm jetzt nicht folgen können“
und zur Antwort bekommt: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben“.
Bei so viel gläubigem Engagement und Eifer für die Sache Jesu ist es eigentlich schleierhaft,
wie der Thomas bei uns zu seinem Ruf als ewiger Zweifler (als Ungläubiger gar) hat kommen
können. Dabei geht es dem Thomas doch bloß um einen Glauben aus erster Hand, um die
persönliche Glaubenserfahrung. Schön und gut, wenn da andere sagen: „Wir haben den Herrn
gesehen!“ Das Herz wärmt das erst, wenn ich es selbst erfahren kann.
Das genau wird dem Thomas dann auch tatsächlich geschenkt: Er darf den Finger in die
Wunde legen. Und uns gleichzeitig den Hinweis geben, wo man solchen Glauben aus erster
Hand erfahren könnte: in der gemeinsamen Feier am Tag nach dem Sabbat. Also: schlicht im
sonntäglichen Gottesdienst. Sicher nicht exklusiv nur dort. Und beileibe nicht automatisch
jeden Sonntag. Aber möglich ist es eben doch. Siehe eben Thomas.
Pfarrer Andreas Unfried