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Gott sei Dank!

In diesem Jahr fällt der Erntedanksonntag auf den Tag der Deutschen Einheit.

Was vor vierzig oder fünfzig Jahren noch undenkbar schien, nahm seinen Anfang im Herbst 1989, führte zum Mauerfall am 9. November desselben Jahres und wurde am 3. Oktober 1990 gefeiert:

Die Deutsche Einheit.

Friedlich und doch machtvoll haben die Menschen in der damaligen DDR sich gegen die herrschenden Machtverhältnisse und das Regime gestellt. Sie hatten erlebt, dass die Ideen von Gleichheit, Gerechtigkeit und Frieden für alle, in der Realität leider ganz anders aussahen.

Die Verantwortlichen hatten die Macht an sich gerissen und sie schändlich missbraucht.

So was wäre in unserer Kirche – Gott sei Dank - ja zum Glück nicht möglich – oder doch?

Seit mehr als einem Jahrzehnt ist es öffentlich, bekannt und dokumentiert, dass schwerster Machtmissbrauch und Missbrauch in unserer Kirche geschehen sind.

Betroffenheit, Erschrecken und Besorgnis haben diese Schlagzeilen bei vielen ausgelöst, aber leider nicht bei allen. Da wird verdrängt, beschwichtigt, schöngeredet, abgeschwächt, manchmal einfach geleugnet!

Braucht es in unserer Kirche auch einen friedlichen, aber machtvollen Widerstand, damit die Frohe Botschaft für alle erlebbar und wahr wird, wachsen und sich entwickeln kann?

Gott sei Dank gibt es viele Menschen, die nicht schweigen, die aufstehen, die ihren Mund auftun und Unrecht beim Namen nennen. Die sich wehren gegen jahrhundertelanges Unrecht, Ungerechtigkeit und Machtmissbrauch, die im Namen Gottes begangen wurden und werden.

Gott sei Dank leben wir hier in einem Land, wo Meinungsfreiheit herrscht.

Leben wir auch in einer Kirche, in der wir unsere Gedanken, Gefühle, Wünsche, Wut und Hoffnungen laut benennen und mit anderen teilen können?

Leben wir in einer Kirche, die bereit ist, sich zu verändern? Die zulässt, dass Neues und Anderes wächst und geerntet werden kann?

Vielleicht ist Erntedank in diesem Jahr auch mal unter diesem Aspekt zu betrachten:

Gott zu danken, was schon alles sich bewegt und wächst, verbunden mit der Bitte, dass es Früchte trägt für uns und die kommenden Generationen und dem Erkennen, dass wir alle Verantwortung für die Zukunft der Welt und die Zukunft unseres Glaubens tragen.

Elke Peglow, Pastoralreferentin