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Habe ich am Glauben gezweifelt? - Der ungläubige Thomas

Thomas ist einer der Jünger, die mit Jesus unterwegs waren. Als der gekreuzigt wird, bricht für ihn und die anderen eine Welt zusammen. Nach den Ostererzählungen bleiben die Frauen auf dem Weg, auf der Suche. Nur die Türen der Jünger sind verschlossen. Sie ziehen sich zurück und wissen nicht, wie es weitergehen soll. Da taucht Jesus bei ihnen auf. Die Jünger können sich das nicht erklären. Einer ist an diesem Tag nicht dabei: Thomas. „Die anderen Jünger sagten zu ihm: Wir haben den Herrn gesehen“ (Johannes 20,24f).

Er kann es nicht glauben. Er zweifelt und so erhält er den Beinamen „der Ungläubige“, einen Titel, der ihm bis heute anhängt und durch verschiedene Gemälde noch verstärkt wird. 

Für mich schließen sich Glaube und Zweifel nicht aus. Für mich ist der Zweifel Bestandteil des Glaubens, sonst wird Glauben zum Fundamentalismus. Fundamentalismus in den Religionen hat zu vielen Religionskriegen, zu Verfolgungen und Hinrichtungen geführt. Thomas blieb skeptisch. Er hat damals nachgehakt: Am liebsten will er seine Finger in die Wunden des Auferstandenen legen, um glauben zu können. Es gibt noch eine weitere Geschichte, bei der es Thomas genau wissen will. Jesus verabschiedet sich kurz vor seinem Tod von den Jüngern mit den Worten: „Wohin ich gehe – den Weg dorthin kennt ihr“ (Johannes 14,4-6).  Die Jünger nehmen das so hin. Nur Thomas unterbricht ihn: „Herr, wir wissen nicht, wohin du gehst. Wie sollen wir dann den Weg kennen?“ Dieses Zweifeln öffnet für die Botschaft: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben.“

Schon wieder „der Ungläubige“. Nein! Thomas denkt also mit. Er scheut sich nicht, Fragen zu stellen, auch wenn er der einzige ist. Thomas setzt sich kritisch mit dem auseinander, was er von Jesus weiß und erzählt bekommt. Und genau das bringt ihn weiter. Dadurch versteht er manches besser. Und er vertieft so am Ende seine Beziehung zu Gott und zu Jesus. Dadurch wächst sein Vertrauen, sein Feststehen im Glauben. Ein Glaube, der nicht mehr fragt und sucht, ist nicht lebendig. Es steckt fest, starr und entwickelt sich nicht weiter.

So kann man auch die Thomas-Geschichte sehen: Thomas bekommt die Chance, seinen Glauben zu stärken. Jesus erscheint ihm, streckt ihm seine Wunden hin – einladend. Doch Thomas berührt sie nicht, auch wenn Künstler dies leider oft darstellten. Die Bibel jedenfalls erzählt nichts davon. Thomas braucht kein äußeres Berühren. Er ist innerlich berührt und bekennt: „Mein Herr und mein Gott.“ Das erste Glaubensbekenntnis, Kurzformel des Glaubens!
Um glauben zu können, brauche ich Begegnung mit Jesus, aber nicht Kontakt mit dem Finger in den Wunden. Ich muss mich von Jesus, von Jesu Botschaft ansprechen lassen, - über das nachdenken, was er sagt und tut, ihm meine Fragen und Zweifel stellen und selbst um Antworten ringen. Es geht um meine Beziehung zu Jesus, die vor allem dann lebt, wenn ich mich mit ihm auseinandersetze.

Anita Novotny, Gemeindereferentin