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Kirche aus Heiligen und Sündern

2010-10-14 15:19:09

Das Evangelium vom Zöllner Zachäus kennen viele aus ihrer Kindheit. Eine tolle Kindergeschichte, wie der kleinwüchsige aber pfiffige Zöllner lausbübisch einen Weg findet, Jesus auf sich aufmerksam zu machen. Und wie jener anschließend beim gemeinsamen Essen mit einfachen Worten an das verschüttete Gewissen des unehrlichen Kerls rührt, und so aus einem Kleinbetrüger ein wohltätiger Mensch wird. Kindergeschichte? Vielleicht sollte man sich die Sache nicht zu niedlich vorstellen. Machen Sie mal probeweise aus dem Zöllner einen Zuhälter oder Dealer und spüren dann nach, ob sich die Geschichte für Sie jetzt auch noch genauso anfühlt. Sicher waren die Zöllner seinerzeit keine Kriminellen im Sinne, dass sie gegen Recht und Gesetz verstießen. Gegen die guten Sitten verstießen sie aber allemal, waren Teil eines ausbeuterischen Systems, unter dem vor allem die kleinen Leute zu leiden hatten. Um auf ihre Kosten zu kommen, konnten sie nach Gutdünken die Tarife festlegen. Der Geldgier waren wenig Grenzen gesetzt.Wenn Jesus sich mit so einem einlässt, dann musste er wissen, dass die Leute darüber die Nase rümpfen würden. Ausgerechnet mit so einem! Das war nicht eine arme, ausgegrenzte Witwe, das war auch kein junges Ding, das halt einmal einem Charmeur erlegen war, obwohl sie schon ihr Ja-Wort gesagt hatte. Das war auch nicht ein Luftikus, der erst das halbe Vermögen seiner Familie durchbringen musste, bevor er sich eines Besseren besinnen konnte. Das war ein ehrloser Lump, der mit dem Feind kollaborierte zum Schaden seiner Landsleute!Wenn Jesus sich zu so einem an den Tisch setzt, dann sagt er zweierlei: Dass es ihm ernst ist damit, dass er für alle Menschen gekommen ist, dass es für ihn keine hoffnungslosen Fälle gibt und Gott seine Hand jedem, wirklich jedem entgegenstreckt. Genauso sagt er gleichzeitig, dass die Gemeinschaft, zu der er die Menschen zusammenruft, immer eine Gemeinschaft von Heiligen und Sündern sein wird. Eben nicht der abgesonderte Rest der Reinen und Unbefleckten, sondern die bunte Melange aus Unvollkommenen, Unreifen, Willensschwachen, Wankelmütigen, Kurzatmigen und Verführbaren – also im Großen das, was im Kleinen sich bereits schon im Innern meiner Seele abspielt: Da gibt es den frommen Apostel, der an Jesu Lippen hängt, ja ebenso wie den verlorenen Sohn – oder eben den Zöllner Zachäus. Gut zu wissen, dass Jesus sich auch noch mit mir an den Tisch setzt, wenn der in meinem Innern gerade wieder einmal die Oberhand gewonnen hat. Jesus baut seine Kirche aus Heiligen und Sündern: auf diese Weise bleibt da auch noch Platz für mich.