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„Mein Joch ist sanft und meine Last leicht!“

(zu Mt 11,25-30)

Die Juden zur Zeit Jesu hatten einiges zu tragen. Die römische Besatzung, aber auch noch die Last der vielen Gebote, Verbote und Regeln, die ihnen von den Religionsführern aufgeladen wurden. Jesus befreit nicht von dem Joch, er übernimmt nicht die Last, sondern er will es uns leichter, ruhiger machen. Nicht verkrampft schauen, was erlaubt oder verboten ist, wofür zu strafen und zu belohnen ist. 

Güte und Demut sind die Eigenschaften Jesu, sind seine „Vorschriften“. Zum Beispiel:

  1. Die Goldene Regel: „Alles, was ihr wollt, dass euch die Menschen tun, das tut auch ihnen.“ (Mt 7,12)

  2. Das wichtigste Gebot: „Du sollst Gott lieben mit ganzer Kraft und deinen Nächsten sollst du lieben wie dich selbst.“  (Mt 22,37-38)

Liebe ist das Joch Jesu. Liebe ist die Last, die uns auferlegt ist. Liebe! Klingt banal und einfach! Aber so leicht scheint es gar nicht zu sein. Drei Themen sind es, die mich im Moment sehr beschäftigen.

1. Rassismus und Antisemitismus heute

Eigentlich unvorstellbar, was wir gerade für rassistische und antisemitische Auswüchse erleben – auch hier in Deutschland, auch in Steinbach. Von Liebe, der Last Jesu, aber gar keine Spur. Christen dürfen solchen Haltungen, diesem Hass niemals anhängen. In meinen Augen dürfen sich solche Rassisten niemals Christen nennen oder sich bei ihrer Haltung auf das christliche Abendland berufen.

Rassismus muss (ich sage selten muss) auf jeder Ebene in Politik und Alltag bekämpft und angeprangert werden. Gerade hier in Deutschland mit seiner rassistischen und antisemitischen Vergangenheit. Nie wieder darf sich diese Geschichte wiederholen – weder in Deutschland noch anderswo auf dieser Welt.

2. Sexueller Missbrauch an Schutzbefohlenen 

Das Bistum Limburg hat mit dem Projekt „Betroffene hören – Missbrauch verhindern“ das Ausmaß des Missbrauchs in der Kirche mit brutaler Wucht öffentlich gemacht. Dass sexueller Missbrauch auch innerhalb der Kirche stattfand und stattfindet, ist spätestens seit dem Jahr 2010 eine bittere Erkenntnis, aber auch leider wenig überraschend. Es wurde eine Doppelmoral sichtbar, die in dieser Schärfe nicht so deutlich bewusst war.

Was ist das entscheidende dabei:

  • Es wurde aktiv vertuscht und Betroffene wurden unter Druck gesetzt wurden, um die Täter zu schützen - diese konnten sich sicher fühlen!. Zu dem ersten Verbrechen des Missbrauchs an sich kam also noch ein zweites Verbrechen, die Vertuschung der Tat, hinzu.

  • Durch die Aufarbeitung des Missbrauchs ist offenbar geworden, wie sehr bereits seit Jahrzehnten bekannte kirchliche Fehlentwicklungen (abgehobene Sexualmoral, Klerikalismus, Konzentration von Macht in der Hand weniger, keine Gewaltenteilung, metaphysische Überhöhung des Priesteramtes etc.), zerstörerisch auf Menschen und hier vor auf Kinder gewirkt haben. Die Notwendigkeit einer tiefgreifenden Veränderung lässt sich selbst ideologisch („gottgegeben“ etc.) nicht mehr länger leugnen. Diese Hierarchie mit all ihren Verwerfungen ist eben nicht Gott gegeben.

Denn Gott ist die Liebe!

3. Kirchenaustritte

Es ist nun kein Wunder, dass auch viele Menschen, die an der Kirche hängen und sich in ihr engagieren, den Rücken kehren. Wir reden so oft von Kirchenentwicklung. Die Pfarrei St. Ursula hat sogar eine eigene Vision dazu entwickelt und sie zur Grundlage ihres Handelns gemacht.

Ich sage heute, das reicht mir nicht mehr. Es kann es nicht mehr nur um kleine Schritte gehen. Die Kirche als Institution muss sich radikal verändern – von unten nach oben. Wenn die Liebe unser Joch ist, dann darf es keine Vertuschung von Straftaten, keinen Machtmissbrauch, keine Unterdrückung der Frauen, keinen Klerikalismus in meiner Kirche mehr geben. Sonst ist es nicht mehr meine Kirche, die Kirche Jesu Christi. Denn Jesus zeigt uns, wie wichtig ihm das Glück der Menschen ist, wie ernst es ihm um die Liebe ist.

Ist die Liebe die Grundlage unseres Handeln als Christen, dann sieht die Welt anders aus. Ich lade sie ein, gehen sie in den Alltag als Christen und lassen sie sich nicht mehr gefallen, was in unserer Gesellschaft, in unserer Kirche krank und ungerecht ist. Schärfen wir unsere Sinne für die Liebe, die Jesus von uns „verlangt“.

Christof Reusch