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Ostern – der Blick in die Leere

Aus der Coronazeit kennen wir leere Straßen und Plätze, leere Regale, leere Schulen und Bahnen … und auch leere Kirchen. Und dann war da auch noch die Leere in unserem Leben –Kontaktbeschränkungen und Einsamkeit. Die Leere dieser Zeit war mit Gefahr verbunden: In leeren Räumen darf nichts leben, damit Leben nicht gefährdet wird.

Die Frauen am Ostermorgen haben auch die Leere vor Augen: Das leere Grab. Ostern ist zuerst der Blick in die Leere. „Er ist nicht hier…“ so die Auskunft der Engel. In der Leere sehen sie das Nichts.

Die Frauen auf dem Fresko von Fra Angelico (1395 – 1455) aus dem Kloster San Marco in Florenz schauen in den leeren Steinsarkopharg. Sie sind fassungslos und traurig. Einzig der Engel in der Mitte sieht die Frauen an. Und seine Hände weisen in zwei Richtungen: auf das leere Grab und nach oben. Dort oben ist nur für uns als Betrachtende der Auferstandene wie im Schleier einer Wolke sichtbar. „… er ist auferstanden.“

Ostern ist im Grunde Leere – unverfügbare, irritierende Leere. Das Grab ist leer, Jesus ist nicht mehr da. Sicher - das leere Grab ist kein Beweis für die Auferstehung Jesu. Aber ohne das leere Grab wäre von Auferstehung von den Toten nicht zu reden.

Jesus ist nicht da. Das haben wir den Frauen am Grab und dem Mönch unten links am Rande des Bildes gemeinsam: Wir sehen an Ostern ins Leere. Aber das ist nicht alles. Es wird darauf ankommen, auch dem zweiten Fingerzeig des Engels zu folgen und gerade in und wegen der Leere in unserem Leben den Lebendigen zu sehen – wie es zwei der Frauen bereits tun. Das sprengt unseren Erfahrungshorizont. Das ist unerwartbar, das eröffnet eine neue Dimension. Auferstehung - diese Wirklichkeit ist unverfügbar anders.

In unverfügbaren Momenten der Begegnung, da werden wir angerührt von einer anderen Welt und Wirklichkeit. Das kann ein Lied, ein Bild, eine Begegnung, ein Geschmack, ein Erlebnis sein. Wir haben es nicht in der Hand; es überwältigt uns. Genau in solchen unverfügbaren Momenten spüren wir am intensivsten, was es heißt, zu leben.

 

„Er ist nicht hier,
denn er ist auferstanden.“ (Mt 28,6)
Ostern ist das Wagnis, beiden Hinweisen des Engels zu trauen.

Mathias Wolf, Diakon

Das Bild findet sich unter:

https://www.katholisch.de/artikel/21333-die-auferstehung-christi-in-der-kunst