Pure Freude? (vgl. Philipper 4, 4-7)
Wie überraschend: Zuerst verordnet Paulus uns die Freude „im Herrn“, alles andere scheint dann daraus zu folgen (Güte untereinander, göttliche Nähe, Sorglosigkeit, Gebet [Bitten mit Dank], Frieden, Geborgenheit). Wäre es nicht umgekehrt logischer – die Freude gleichsam als Konsequenz, ja, als Belohnung und emotionalen Benefit für eine richtige Haltung oder Handlung?
Nein, Paulus betont und scheint darauf zu pochen: Freude im Herrn, und zwar immer und überall. „Noch einmal sage ich: Freut euch!“ Er muss sich seiner Sache sehr sicher gewesen sein – er war siegessicher. Und er war innerlich selbst erfüllt von dieser besonderen (Vor-)Freude, die alles zu überstrahlen scheint oder, anders ausgedrückt, alles andere drum herum in den Schatten stellt. Alles andere drum herum? Krieg, Krankheit, Hunger, Elend, Missbrauch, Verfolgung, Ausgrenzung, Ungerechtigkeit … aber Moment mal: ist Christus nicht genau dort zu finden? Es muss eine starke Freude sein, die Paulus hier meint, keine Gefühlsduselei, keine Momentaufnahme von Glück, sondern dauerhaft, nachhaltig, kräftig, alles überdauernd. Die Perspektive muss anders eingenommen werden: Er wendet sich an die, die im Elend sitzen, denn ihre Freude im Herrn wird eine doppelte Freude sein! Dieses Paradox zu akzeptieren ist eine Herausforderung, ja Überforderung für den Verstand, für unser Verstehen, und Paulus weiß das. Gerade das macht ihn vertrauenswürdig, gerade deshalb glaube ich ihm.
Jutta Schmidt