Religion und Gewalt ...

… das ist kein neues Thema. Religiöser Fanatismus entfesselt immer wieder die Urmacht der Gewalt. Religion wirkt oft wie eine Art „Brandbeschleuniger“ für Gewalt. Auch die Bibel kennt das.Am heutigen Sonntag ist von Elija die Rede. Er hat auch seine ganz eigenen Erfahrungen mit dem Thema Gewalt gemacht. Elija ist Gottes Prophet und soll Israel vor dem Abgleiten in den Götzendienst retten. Mit ganzem Einsatz bekämpft er die königlich befohlene Religion. Es kommt zu Gewalt und Terror: In einem riesigen Gemetzel lässt Elija hunderte von Priestern des Götzenkultes auf dem Berg Karmel umbringen. Elija, der Mann Gottes, steht als Sieger da – eindrucksvoll von Gott bestätigt.Aber so endet die Geschichte nicht; sie geht weiter. Elija gerät nun selbst ins Visier. Die Königin verfolgt ihn. Völlig frustriert flieht er in die Wüste – sein nahes Ende vor Augen.Da baut ihn Gott auf: Er gibt ihm zu essen und zu trinken und schickt ihn noch weiter in die Wüste bis zum Berg Horeb. Offenkundig hat Gott noch etwas mit ihm vor. Und hier in der Einsamkeit des Berges kommt es zum nächsten Showdown. Diesmal aber führt Gott Regie: Alle Naturgewalten bietet er auf – Sturm, Erdbeben und Feuer. Soviel Naturgewalt kann eben nur Gott entfesseln. Aber in keiner dieser Naturgewalten ist Gott. Nach dem imposanten Getöse kommt ganz am Ende ein „sanftes, leises Säuseln“ – in einigen Übersetzungen heißt es auch „ein verschwebendes Schweigen“. Und da merkt Elija: Jetzt ist Gott da. – Das ist ganz anders als beim Gemetzel auf dem Berg Karmel.Ich glaube, Gott will Elija etwas Wichtiges sagen: Er soll begreifen, dass er letztlich nicht in der unbändigen, entfesselten Macht und Gewalt zu finden ist. Ganz am Ende, im „verschwebenden Schweigen“ zeigt sich Gott. Das heißt für mich: Nur wer sich die Mühe macht, nicht vorschnell zu urteilen und genau hinzusehen und vor allem hinzuhören, der kann Gottes Nähe erfahren. Elija vor der Höhle am Horeb geht bei Gott in die Schule.Religion kann nicht nur Gewalt entfesseln. Sie hat auch die Kraft im Namen Gottes Gewalt zurückzuweisen, weil eben letztlich nur Gott der Allmächtige ist. Vielleicht gilt es mit Elija das in unseren Tagen neu zu lernen.Mathias Wolf, DiakonEin mitreißend akustischer Eindruck beider Szenen findet sich übrigens in Mendelssohns Oratorium „Elias“. Die ganze Dramatik und Tiefe beider Begegnungen ist hier eindrücklich eingefangen.