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„Seht, da ist der Mensch!“ - 100. Katholikentag in Leipzig

2016-04-26 18:54:36

Aus allen Himmelsrichtungen kommen sie in Bussen, Sonderzügen und mit Autos nach Leipzig: die Besucherinnen und Besucher des 100. Katholikentages. An diesen Tagen zwischen Fronleichnam und Sonntag wird diese Stadt wie verwandelt sein.Vor Jahren habe ich das selbst in Dresden erlebt. In Straßenbahnen und auf Straßen und Plätzen trifft man fremde Menschen, die einem doch irgendwie auch nah sind. Aber nicht nur das: Auch die Einwohner der Stadt sind anders. Freundlich und hilfsbereit haben sie mir den Weg erklärt. Geduldig ertrugen sie die Massen Fremder in den Bussen und Bahnen der Stadt oder beim Einkaufen in der Schlange.Als ich dann nach Hause gefahren bin, hatte ich die Stadt und ihre Menschen in ganz anderem Licht gesehen.Ums Sehen geht’s auch bei diesem Katholikentag in Leipzig. „Seht, da ist der Mensch!“ heißt das Motto. Wir sehen den ganzen Tag vieles. Aber bis man es wirklich sieht, das kann dauern.„Man sieht oft etwas hundertmal, tausendmal, ehe man es zum allererstenmal wirklich sieht“, hat Christian Morgenstern diese Erfahrung formuliert.Das kenne ich von mir: Ich laufe oder fahre durch die Gegend und da fällt mir plötzlich ein kleines Detail an einem Haus oder am Weg auf. Von da an sehe ich es anders. Aber das ist nicht nur bei Gegenständen so. Mir geht es viel häufiger so mit Menschen. In der großen Runde erlebe ich einen Jugendlichen eher verschlossen und scheu. Und dann in der Kleingruppe ist er ganz anders: Hier vertraut er den anderen seine bewegende Lebensgeschichte an. Er erzählt von der Krankheit seiner Mutter und der Sorge, weil sie wieder im Krankenhaus ist. Von jetzt an sehe ich ihn mit ganz anderen Augen. Und vor allem: Ich verstehe ihn viel besser. Ich fühle mit ihm mit. Ich sehe ihn mit dem, was ihn als Menschen bewegt und prägt.„Seht, da ist der Mensch!“Mit dem Sehen geht es los. Das wünsche ich den vielen Gästen in Leipzig und den Bewohnern der Stadt auch über diese Tage hinaus: zuerst einmal sehen und dann: viel Neues und Überraschendes an den Menschen zu entdecken.Mathias Wolf, Diakon