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Volkstrauertag

Auf den vorletzten Sonntag des Kirchenjahres fällt alljährlich der Volkstrauertag. Der Name allein ist schon irgendwie ein „Downer“, also zieht die Stimmung herunter – und davon braucht es momentan ja wahrlich nicht noch mehr.

 

Trauern, Erinnerung, Vergegenwärtigung von Schmerz, Leid und mitunter Schuld sind Programm, könnte man meinen.

Und so ist es nicht verwunderlich, dass man in der Tendenz der vergangenen Jahre den Eindruck bekommen konnte, dass diese Gedenkstunden nicht mehr zeitgemäß seien und nur noch einen immer kleiner werdenden Personenkreis ansprechen; denn am Volkstrauertag scheinen sich immer weniger Menschen auf den Weg zu den Friedhöfen und Gedenkstätten zu machen – und diejenigen, die es (noch) tun, sind überwiegend deutlich in der zweiten Lebenshälfte.

Ist der Volkstrauertag somit also obsolet geworden? - Ich meine, nein!

Denn es stimmt schlicht nicht, dass es beim Volkstrauertag nur um das Gedenken der Gefallenen der beiden Weltkriege geht. Vielmehr sind stets auch die aktuellen Krisengebiete und die Opfer und Leidtragenden unserer Tage mit im Blick.

Und in diesem Jahr hat das Gedenken und Beten für Kriegsopfer durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine zusätzliche Brisanz und Relevanz bekommen. So wird spürbar: es geht nicht nur um historisches Gedenken, sondern um die erschreckende Gegenwart, in der der Frieden nicht nur irgendwie abstrakt bedroht, sondern aktuell mutwillig zerstört wird – mit Konsequenzen, die uns alle betreffen.

Zu den Gedenkfeiern werden vielleicht diesmal nicht nur Menschen kommen, deren Familienmitglieder im Zweiten Weltkrieg getötet wurden, sondern auch solche, die in diesem Jahr ihre Angehörigen (Söhne, Töchter und Ehemänner) verloren haben - und Menschen, die ihre Verbundenheit mit jenen ausdrücken wollen.

Sehr bedeutsam erscheint mir zudem, dass es am Volkstrauertag nicht beim Erinnern und Verharren im Schmerz bleibt, sondern bei den kirchlich gestalteten Feiern das gemeinsame Beten um Versöhnung, Verständigung und Frieden zentraler Bestandteil der Gedenkstunden ist. Eine gemeinsame laut ausgesprochene Sehnsucht nach Frieden zu haben ist ein wichtiger Schritt heraus aus der Verhärtung und Isolation des Schmerzes.

Eine Übersicht der diesjährigen Gedenkfeiern zum Volkstrauertag in Oberursel finden Sie hier: https://www.taunus-nachrichten.de/oberursel/nachrichten/oberursel/gedenkfeiern-volkstrauertag-id131839.html

Kerstin Kilb