Was mir Mut macht!
Die Weltsynode wird ent-täuschen, sie wird uns eine Täuschung nehmen. Das hängt mit unseren Erwartungen zusammen, mehr als mit den Synodalen und den Gesprächen in Rom. Wir erwarten Ergebnisse, die so viel anders sind, als das, was wir bisher kennen und wir sind versucht, diese Ergebnisse in Sätzen, Paragraphen und Dogmen zu messen.
Da muss die Synode enttäuschen. Weil die Kirche so viele unterschiedliche Kulturen unter ihrem Dach vereint. Da sind die einen, für die Frauenrechte zur Glaubwürdigkeit gehören und queere Menschen einen Ausdruck von Gottes Liebe zur Vielfalt darstellen und da sind die anderen, aus Kulturen in denen Polygamie „das Normale“ oder arrangierte Ehen Ausdruck elterlicher Liebe und Fürsorge ist. Wer da Einigung erwartet, wird enttäuscht.
Was mir Mut macht?
Dass sie einander zuhören, die Bischöfe und Kardinäle, die Frauen und Männer an ihren runden Tischen. Dass sie einander sein lassen, ohne sich der Häresie zu bezichtigen und ohne den anderen überzeugen zu müssen.
Wenn stimmt, was Thomas Schwartz in seinem Synodenblog schreibt,* dann ist das Etwas und nicht Nichts. Es ist nicht, was sich Viele hierzulande und anderswo vorstellen. Es ist ein anderer Hoffnungsschimmer: dass wir uns nicht auseianderspalten, dass Gemeinschaft auch dann bestehen kann, wenn wir uns inhaltlich nicht einig sind, dass EINER diese Gemeinschaft tatsächlich hält. Dass wir es nicht besser wissen müssen, als die Anderen, die anders fromm sind, anders ihren Glauben leben, anders von Gott begabt und talentiert sind, die sich auch katholisch nennen, was ja in der Ursprungsbedeutung soviel heißt wie „weltumspannend“. Es ist der Hoffnungsschimmer, dass wir Gott in seiner Allmacht, die über aller menschlichen Erkenntnis steht, ernstnehmen und unter diesem Dach gemeinsam friedlich miteinander auszukommen lernen. Anders, ganz anders als bisher.
Davon ist keine Frau geweiht, keinem homosexuellen Paar bei der Eheschließung assistiert, keine Polygamie weltweit gutgeheißen und keine arrangierte Ehe gültig. Aber es ist ein Schritt hin zur Anerkennung, dass unterschiedliche Kulturen unterschiedliche Schwerpunkte setzen, unterschiedliche Perspektiven haben, dass wir voneinander lernen können, ohne den Verlust der eigenen Identität zu fürchten. Vielleicht folgt daraus auch irgendwann, dass unterschiedliche Kulturen unterschiedliche Regeln haben dürfen, ohne Furcht, das gemeinsame Dach zum Einsturz zu bringen. Wenn jedem und jeder zugebilligt wird, dass er und sie das jeweils Beste geben – immer – dann ist ein (risen-)großer Schritt zu einem versöhnlichen Miteinander gelungen. Und wer weiß, vielleicht gelingt uns das versöhnliche Miteinander beim Nachmachen im Kleinen: in der deutschen Kirche, im Bistum, in der Pfarrei, der Gemeinde und Gruppe.
Katrin Gallegos Sánchez
*Pfarrer Thomas Schwartz ist Hauptgeschäftsführer des Osteuropa-Hilfswerks Renovabis und als Gast bei der Weltsynode dabei.Hier geht’s zu seinem Blog: https://www.katholisch.de/dossier/198-schwartz-auf-weiss-der-blog-aus-der-aula-der-weltsynode