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Zweifel zulassen

2016-03-21 16:02:29

Nach der Erfahrung des Karfreitag haben die Jünger sich eingeschlossen „aus Angst vor den Juden“. Auch Thomas hatte sich innerlich verschlossen. Mit Jesu Tod war er enttäuscht worden – so schnell würde er niemandem mehr glauben. So schnell bekommt keiner mehr sein Vertrauen geschenkt. Die Jünger können ihm viel erzählen, er hat an diesen Begeisterungsausbrüchen der anderen Jünger so seine Zweifel. Das glaubt er nicht. Thomas lässt diese Fragen und Zweifel zu und stellt sich ihnen. In aller skeptisch-distanzierten Haltung spürt er Sehnsucht nach Berühren und selbst berührt zu werden, zuinnerst ergriffen zu werden, als ganzer Mensch angerührt und bewegt zu werden. Darum kann ich den Thomas auch nicht als den „ungläubigen Thomas“ bezeichnen. Vielmehr ist er für mich der „suchende Thomas“.Als Jesus acht Tage nach seinem ersten Erscheinen erneut zu den Jüngern kommt, zeigt er Thomas seine Wunden und bittet ihn, sie zu berühren. Damit lockt er Thomas aus der Reserve. Nun will dieser nicht mehr nur kühl-distanziert, verstehen, sondern er lässt sich selbst als ganzer Mensch von Jesus anrühren. Wichtig ist für Thomas auch die Erfahrung, die er mit seinen Apostelkollegen macht: als er zu seinen Mitapostel sagt: „Solange ich nicht meine Hand in seine Wunde legen kann, glaube ich nicht.“ Das war doch der Ausdruck von Misstrauen gegenüber den anderen Aposteln, die sagten: „Wir haben den Herrn gesehen.“ Unsere Reaktion, vielleicht auch in der Gemeinde oder Gesamtkirche wäre doch wahrscheinlich gewesen: „Wenn du uns nicht glaubst, kannst du ja gehen!“ Die Apostel halten die Spannung aus. Durch einen Ausschluss aus der Gemeinschaft wäre Thomas wahrscheinlich nicht zum Glauben gekommen. Die Gemeinschaftserfahrung führt ihn zu dem Glaubensbekenntnis: „Mein Herr und mein Gott!“Das Evangelium endet mit dem Satz: „...damit ihr glaubt, dass Jesus der Messias ist, der Sohn Gottes, und damit ihr durch den Glauben das Leben habt...“Wir sind aufgerufen, unseren je eigenen Weg zu gehen, durch Zweifel und Glauben, damit wir nicht „cool“ bleiben, sondern damit wir das Leben haben: „das Leben in Fülle!“Ich wünsche uns allen die Erfahrung des Thomas mit all unseren Fragen und Zweifel.Reinhold Kalteier, Pfarrer